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Willkommene Ablenkung? Donald Trump hat eigentlich im Moment andere Sorgen.

© AFP

Kanzlerin beim US-Präsidenten: Merkel kommt Trump höchst ungelegen

Dem US-Präsidenten setzen gerade viele Themen zu. Er könnte beim Besuch der Bundeskanzlerin gereizt sein. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Washington ist in Aufruhr, und Washington steht für die politische Klasse, ist kein Synonym fürs Land von Kalifornien bis nach New York, vom Redwood bis zum Golfstrom, um Woody Guthrie die Ehre zu erweisen, dessen Song ja die heimliche Nationalhymne der USA ist. Und die gut illustriert, was gerade in den Uneinigen Staaten von Amerika stattfindet: ein Clash zwischen den urbanen Zentren an den Rändern in West und Ost mit dem ländlich geprägten Landesinnern. Das zeigt sich bei nahezu jeder Maßnahme der Trump-Administration.

Da ist die Wahrnehmung in Europa, in Deutschland zumal, verzerrt. Sehr viele hier denken, eine Revolte gegen den erratischen „The Donald“ stehe quasi unmittelbar bevor, gemessen etwa an den Twitter-Reaktionen auf das Twitter-Gewitter von Trump selbst. Nur kommt das viel mehr von den Demokraten (inzwischen angeführt von Bernie Sanders, der wieder stärker von sich hören lässt) als von Mainstream-America. Dieses Amerika reagiert nicht sofort per Twitter, ja twittert oftmals gar nicht.

Die Budget-Bombe könnte am Mittwoch hochgehen

Jetzt aber kommt das Paradoxon: Dennoch kann die fortdauernde Kritik Trump, ihm in Person, gefährlich werden. Weil sie über die gebildeten Stände hinweg ausgreift, transportiert wird vom Fernsehen, das die Massen erreicht, gleich wo. Die Entlassung der 46 Bundesanwälte ist da nicht so relevant wie die Russen-Connection oder, noch wichtiger, die Budget-Bombe. Mittwoch geht sie hoch, wenn Trump keinen Plan vorlegt, wie die Schuldenobergrenze gehalten wird; die Obergrenze, die die Republikaner gegen Barack Obama eingezogen haben. Sie fällt jetzt auf den Republikaner Trump zurück. Wenn aber der Staat seine Ausgaben nicht mehr bezahlen kann – diese Auswirkung versteht jeder im ganzen Land. Und schuld ist dann nicht Obama.

In diese aufgeladene Situation hinein kommt unsere Bundeskanzlerin. Angela Merkel trifft auf einen Mann, der (eigentlich) ganz anderes im Kopf haben dürfte, als mit ihr über Welthandel, Nato oder Demokratie im Allgemeinen zu reden. Und der gereizt sein könnte. Aber wenn’s nur darum geht: Sedieren kann sie.

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