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Michail Saakaschwili tritt nach nur anderthalb Jahren als Gouverneur der Region Odessa zurück.

© dpa

Korruption in der Ukraine: Saakaschwili tritt als Gouverneur von Odessa zurück

"Ich werde das nicht länger tolerieren, ich habe genug davon", sagte Saakaschwili in seiner Rücktrittsrede. Nach Georgien kann er nicht zurückkehren. Dort liegt ein Haftbefehl gegen ihn vor.

Michael Saakaschwili war als ausländischer Star und Kämpfer gegen die Korruption in die Ukraine geholt worden - nach nur anderthalb Jahren ist das Experiment zu Ende. Der ehemalige georgische Regierungschef ist als Gouverneur der ukrainischen Provinz Odessa zurückgetreten. "Ich werde das nicht länger tolerieren, ich habe genug davon", sagte Saakaschwili in seiner Rücktrittsrede. Odessa werde von korrupten Clans regiert, die von der Regierung in Kiew gedeckt würden. Damit endet eines der Vorzeigeprojekte im Kampf gegen Korruption.

Nach der Maidan-Revolution im Jahr 2014 hatte die Regierung unter Präsident Petro Poroschenko versprochen, gegen die allgegenwärtige Korruption anzugehen. Die Zeit schien reif: Der Palast mit französischem Garten und Privatzoo, den sich der geschasste Präsident Viktor Janukowitsch in Kiew am Fluss hatte errichten lassen, sorgte im Land für Spott und Wut. Er wurde zum Anti-Korruptions-Museum. Heute ist er eine Sehenswürdigkeit. Hochzeits-Paare machen Fotos im malerischen Garten.

Saakaschwilis Polizeireform war ein Vorbild für die Ukraine

Mit zwei Projekten sorgte die neue Regierung für Aufsehen. Sie baute eine neue Polizei auf. Neue Uniformen, neue Ausbildung, neue Beamte, neue Werte. Sie sollte keine Bedrohung sein, sondern ein freundliches, integres Gesicht des neuen Staates. Das Zeichen kam an. Die ersten Patrouillen im vergangenen Sommer wurden regelmäßig für Fotos gestoppt. Das Vorbild für diese Maßnahme: die Polizeireform in Georgien unter Michail Saakaschwili.

Seine Einbürgerung war der zweite große Coup. Saakaschwili bekam im Schnellverfahren die Staatsbürgerschaft und übernahm als Gouverneur die Region Odessa. Dort befindet sich mit Odessa am Schwarzen Meer die wichtigste ukrainische Hafenstadt, dort blüht die Korruption besonders.

Saakaschwili hatte sich als georgischer Präsident einen Ruf als Reformer erworben. Er baute Polizei und Zoll um, stellte neue Beamte ein und änderte den Zugang zu Universitäten. Seitdem ist Alltagskorruption stark zurückgegangen. Auch wenn Korruption fast unmöglich zu messen ist: Beobachter, Wissenschaftler und die Anti-Korruptions-Organisation Transparency International sind sich einig - es gibt wenige Beispiele für ähnlich erfolgreiche Reformen. Und wenn, dann unter anderen Voraussetzungen: Hongkong und Singapur, die anderen Vorzeige-Staaten, sind reiche, moderne, autoritär regierte Stadtstaaten, in denen die Regierung hart durchgreifen kann.

Heftige Angriffe gegen Poroschenko

Saakaschwili sollte diese Erfolge in Odessa wiederholen. Das gelang nicht. Der von ihm unterstützte Kandidat verlor die Bürgermeisterwahl gegen Amtsinhaber Gennady Trukhanov. Auch die Mehrheit im Regionalparlament steht nicht hinter ihm. "Die Region Odessa ist nicht nur Kleptokraten unterworfen, sondern Feinden der Ukraine", sagte Saakaschwili jetzt. Außerdem warf er Poroschenko vor, korrupte Clans zu unterstützen: "Der Präsident persönlich unterstützt zwei Gangs in Odessa". Eine davon gehöre zum Bürgermeister Trukhanov.

Dieser heftige Angriff kommt überraschend. Poroschenko gilt als Unterstützer Saakaschwilis. Beobachter spekulierten damals, Poroschenko habe den ehemaligen Georgischen Regierungschef auch ins Land geholt, um einen loyalen Mann gegen Russland in der Region zu wissen. Georgien hatte mit Saakaschwili als Präsident 2008 Krieg gegen Russland geführt. Die Region Odessa grenzt an Transnistrien: Die Region hat sich von der Republik Moldau für unabhängig erklärt und wird von Russland finanziert.

Odessa ist die wichtigste Hafenstadt der Ukraine.
Odessa ist die wichtigste Hafenstadt der Ukraine.

© REUTERS

Der Anlass, sein Amt nun aufzugeben, seien die Vermögensberichte von Politikern und Beamten gewesen, sagte Saakaschwili. Tausende Staatsdiener mussten ihre Vermögen und Einkommen offenlegen - auch das eine Antikorruptionsmaßnahme. Dabei wurde offenbar, wie reich viele Spitzenpolitiker sind, darunter nicht nur der Unternehmer Poroschenko, sondern etwa auch der Ministerpräsident Wladimir Groisman, der seit 14 Jahren in der Politik ist und ein Millionenvermögen angab.

Zu seinen weiteren Plänen sagte Saakaschwili in der Rücktrittsrede nichts. Nach Georgien, wo seine Partei eben erst deutlich die Parlamentswahl verloren hat, kann er nicht zurückkehren. Dort liegt ein Haftbefehl wegen Korruption gegen ihn vor. Er bezeichnet die Vorwürfe als politisch motiviert. Außerdem hat er seine Staatsbürgerschaft verloren, als er die ukrainische annahm. Ohnehin kündigte er an, er wolle seinen Kampf fortsetzen: “Sollen sie nicht hoffen, mich loszuwerden. Ich bin ein Soldat, der so weit geht, wie er kann. Und dann so weit, wie nötig.”

Jonas Schaible

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