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Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

© Michel Euler/dpa

Kosten der Flüchtlinge: Globale Rechnung

43 Milliarden Euro - das sind laut Finanzminister Wolfgang Schäuble die "asylbedingten Kosten" des Bundes 2016 und 2017. Freilich stecken darin nicht nur die Ausgaben für Flüchtlinge in Deutschland.

Das Bundesfinanzministerium hat am Freitag die „asylbedingten Kosten“, die der Bundeshaushalt zu tragen hat, für die Jahre 2016 und 2017 beziffert: Demnach rechnet Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) mit Ausgaben von insgesamt 43 Milliarden Euro. Für das vorige Jahr beläuft sich die Schätzung der Ausgaben auf 21,7 Milliarden Euro. In diesem Jahr wird mit Ausgaben in Höhe von 21,3 Milliarden Euro gerechnet. Freilich sind das nicht die Kosten, die dem Bund durch die Flüchtlinge entstehen, die nach Deutschland gekommen sind. Wie schon im vorigen Jahr, als der Streit mit den Ländern um die Übernahme dieser Kosten sich zuspitzte, rechnet das Finanzministerium dazu auch Ausgaben, die für internationale Aufgaben anfallen.

In der Berechnung taucht im aktuellen Monatsbericht des Finanzministeriums daher wieder ein Kostenblock „Fluchtursachenbekämpfung“ auf. In ihm sind Ausgaben zusammengefasst, die Deutschland für „flucht- und migrationsrelevante Maßnahmen weltweit“ leistet – also nicht nur im Zusammenhang mit den Hauptherkunftsländern der Flüchtlingswelle von 2015. Insgesamt setzt das Finanzministerium für die beiden Jahre hier 14,3 Milliarden Euro an – immerhin ein Drittel der Gesamtsumme. Dazu gehören zum Beispiel 428 Millionen Euro, die die Bundesregierung als finanzielle Unterstützung an die Türkei zahlt, um die Aufnahme von Flüchtlingen dort zu unterstützen. 2,3 Milliarden Euro stammen aus einer Zusage Deutschlands bei der Syrienkonferenz in London zur „Schaffung von Perspektiven in der Region“. Weitere 1,4 Milliarden Euro machen die nach 2015 deutlich aufgestockten Mittel für humanitäre Hilfen aus. Wie sich die restlichen zehn Milliarden Euro an internationalen Flüchtlingskosten zusammensetzen, die der Bund auf sich nimmt, ist dem Bericht nicht zu entnehmen.

16 Milliarden an Länder und Kommunen

Die „asylbedingten Kosten“ des Bundes im Inland machen insgesamt 28,7 Milliarden Euro aus. Der größte Posten dabei ist mit zusammen 16,2 Milliarden Euro die unmittelbare Entlastung von Ländern und Kommunen bei den Flüchtlingskosten. Deren Belastung hatte der Bund zunächst deutlich geringer angesetzt, erst nach Protesten der Ministerpräsidenten und der Kommunalverbände, deren Berechnungen sich als realitätsnäher erwiesen, war Schäuble bereit, höhere Zuschüsse zu leisten. Die vereinbarte Abschlagszahlung von drei Milliarden Euro erwies sich als zu gering, im Herbst musste der Bund nach einer Neuberechnung 760 Millionen Euro nachschießen und eine nochmalige Abschlagszahlung von 1,8 Milliarden Euro leisten. Für 2017 fällt diese Summe angesichts der deutlich verringerten Flüchtlingszahlen – für 2016 wird die Zahl der Asylsuchenden mit 280000 beziffert - mit 1,16 Milliarden Euro deutlich geringer aus.

Die weiteren Belastungen des Bundes durch die Flüchtlinge im Inland rühren aus dem Asylverfahren (2,7 Milliarden Euro), der Integration (5,3 Milliarden Euro) und den Sozialleistungen für anerkannte Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge (4,4 Milliarden Euro). Dank der guten Steuereinnahmen konnte der Bund diese Last meistern und kam dennoch auf einen Überschuss. Zu den Steuermehreinnahmen trugen auch die Ausgaben für Flüchtlinge bei. Der Konjunkturexperte des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Ferdinand Fichtner, sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Man kann das auch als ein riesiges Konjunkturprogramm bezeichnen." Ein sehr großer Teil des Geldes sei über die Ausgaben von Flüchtlingen für Lebensmittel und anderes, später über Mietzahlungen oder wegen Bau-Investitionen in die Wirtschaft geflossen. "Das dürfte für über 90 Prozent der Bundesausgaben gelten", sagte der Ökonom.

Anrechnung bei Entwicklungshilfe

Während der Bund bestimmte Ausgaben für internationale Maßnahmen den „asylbedingten Kosten“ zurechnet, geht er bei der Entwicklungshilfe den umgekehrten Weg. Denn die Bundesregierung lässt sich einen Teil der Flüchtlingskosten, die in Deutschland entstehen, bei der OECD als Entwicklungshilfe anrechnen und schafft es so, seine ODA-Quote (ODA steht für öffentliche Entwicklungshilfe) deutlich zu steigern. Zur Jahrtausendwende hatten die Industriestaaten zugesagt, 0,7 Prozent ihres Inlandsprodukts für Entwicklungshilfe auszugeben. Davon ist Deutschland weit entfernt. Dank der Inlandskosten für Flüchtlinge konnte Deutschland seine Quote jedoch von 0,42 Prozent 2014 auf 0,52 Prozent im Jahr 2015 verbessern. Andere Staaten verfahren ähnlich. Insgesamt ließ sich Deutschland rund 2,7 Milliarden Euro der im Inland geleisteten Flüchtlingshilfen bei der OECD anrechnen. Die machten damit fast 17 Prozent der gesamten ODA-Gelder aus.

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