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Friedlicher Protest. In Frankfurt demonstrierten viele Menschen gegen die Politik der EZB. Einige schmissen auch Steine und zündeten Autos an.

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Update

Krawalle in Frankfurt am Main: Polizei: "4000 hemmungslose Straftäter aktiv"

Die Blockupy-Organisatoren verweigern eine "pauschale Distanzierung" von den Krawallmachern. Auch die Berliner Organisatoren zeigen Verständnis. Die Frankfurter Polizei zieht eine verheerende Bilanz.

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Die Frankfurter Polizei hat eine Bilanz aus den Krawallen am Mittwoch gezogen und ein düsteres Bild gezeichnet. So habe es "4000 hemmungslose Straftäter" gegeben, die an zahlreichen Orten in der Stadt vor allem zwischen sechs und neun Uhr morgens die Krawalle ausgelöst hätten. Von Beginn an habe es eine "hohe Aggressivität" gegeben. Barrikaden seien in Brand gesteckt, die Polizeiwagen, in denen noch Personen saßen, in Brand gesetzt worden, zahlreiche Fensterscheiben gingen zu Bruch, Baustellen seien verwüstet worden.

Laut der Frankfurter Polizei waren an den einzelnen Aktionen in der Regel jeweils 200 bis 1000 Personen beteiligt. Die Aktionen seien klar geplant und straff organisiert worden. Die Aktionen seien "vorbereitet, organisiert und gesteuert" gewesen, sagte Frankfurts Polizeipräsident Gerhard Bereswill. Diese Form von Gewalt habe Frankfurt seit Jahrzehnten nicht erlebt. "Das waren keine friedlichen Demonstranten, sondern Straftäter". Es habe 150 verletzte Polizeibeamte gegeben, davon zwei Schwerverletzte. Ein Sachschaden in Millionenhöhe sei entstanden. In der Zeit zwischen sechs und neun Uhr seien an Mahnwachen nur ein paar 100 Leute beteiligt gewesen, alle anderen hätten sich an Straftaten beteiligt. Eine Gruppe von rund 300 gewaltbereiten Demonstranten sei am Vormittag von der Polizei eingekesselt worden, dabei soll es sich überwiegend um Italiener gehandelt haben.

Möglicherweise Verbindungen zur Linken

Dass es zu Gewalt gekommen sei, habe die Polizei nicht überrascht, hieß es auf einer Pressekonferenz. Schon in den Wochen und Tagen davor habe es zahlreiche Hinweise gegeben. So wurden im gesamten Bundesgebiet Straftaten registriert, die in Verbindung zu Blockupy gestanden hätten. Außerdem habe es in den Tagen zuvor viele polizeiliche Beobachtungen gegeben, die auf ein Gewaltausbruch hindeuteten. So wurden in Frankfurt beispielsweise Fahrzeuge aus Berlin kontrolliert, in denen Schutzwesten, Karten, Fernsichtgeräte und weiteres Material gefunden worden sei, das für geplante Randale wichtig sei. Viele der betroffenen Personen seien in Privatunterkünften in Frankfurt untergekommen, aber auffällig viele hätten sich auch in den Örtlichkeiten der Partei Die Linke in Frankfurt eingefunden. Dort seien zudem zahlreiche weitere Fahrzeuge aus Berlin gesichtet worden.

Berliner Blockupy-Aktivisten zeigen Verständnis für Wut

Die Organisatoren von Blockupy Berlin sagen, sie wüssten nichts von diesen Fahrzeugen. "Uns ist davon nichts bekannt", sagt Sebastian Drewlo, Sprecher der Berliner Blockupy-Bewegung. Sie selbst seien nicht auf Krawall aus gewesen. Stattdessen seien sie mit dem Ziel nach Frankfurt gefahren, friedlich aber bestimmt die Zufahrtsstraßen zur EZB zu blockieren. Dennoch hat Drewlo Verständnis für die Wut mancher Demonstranten. „Wenn man nicht einmal in Sichtweite der EZB kommt, kann ich verstehen, wenn sich die Wut woanders entlädt“, sagt er. 

Die meisten der gut 1000 Berliner Aktivisten, die am Mittwoch in Frankfurt dabei waren, sind mittlerweile wieder in der Hauptstadt angekommen. Die Berliner Organisatoren hatten einen Sonderzug gechartet, mit dem viele in der Nacht zurückfahren sind. „Auf dem Rückweg war der Zug noch voller als auf dem Hinweg“, sagt Sebastian Drewlo, Sprecher der Berliner Blockupy-Bewegung.  Am Ostbahnhof seien sie zwar von der Polizei empfangen worden, es habe auch einzelne Durchsuchungen gegeben, aber ansonsten sei die Ankunft ruhig verlaufen.

Innenminister Thomas de Maizière sieht Blockupy in der Verantwortung

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat nach den schweren Krawallen am Mittwoch in Frankfurt die Veranstalter des Blockupy-Protests in die Pflicht genommen. „Wir wussten von der Tatsache, dass dort Gewalt angewendet werden soll. Das war in der Szene lange bekannt“, sagte de Maizière am Donnerstag im ZDF-„Morgenmagazin“. „Deswegen können die Veranstalter jetzt auch heute nicht so unschuldig tun“, sagte de Maizière. Lediglich mit dem Ausmaß der Gewalt habe er nicht gerechnet.

Die Organisatoren des linken Blockupy-Bündnisses haben sich auch am Donnerstag nicht eindeutig von den Ausschreitungen bei den Protesten gegen die offizielle Eröffnung des neuen EZB-Sitzes abgrenzen wollen. "Wir distanzieren uns nicht pauschal", sagte Blockupy-Sprecher Frederic Wester. Einige der Aktionen seien aber nicht geplant und nicht gewollt gewesen.

Mitorganisatorin Hannah Eberle wertete die Proteste insgesamt als Erfolg. "Wir blicken auf einen erfolgreichen politischen Tag zurück", sagte Eberle. Sie freue sich, "dass der Widerstand endlich den Weg nach Frankfurt gefunden hat". Auch Eberle hob hervor, dass manche Aktionen außerhalb des zuvor vereinbarten Konsens gewesen seien. Auch sie ging aber nicht eindeutig auf Distanz zu den Ausschreitungen. Blockupy-Sprecherin Jennifer Werthwein von der Grünen Jugend sagte, sie bedauere die Ausschreitungen. Sie wies aber ebenfalls auf die Wut der Menschen über die Politik in Europa hin. Eberhard Heise vom globalisierungskritischen Bündnis Attac sagte dagegen, es habe eine Verabredung über den Rahmen für Blockaden und Aktionen zivilen Ungehorsams gegeben. Einige Teilnehmer hätten sich aber nicht daran gehalten.

Die Blockupy-Sprecher hoben zudem die friedlich verlaufene Demonstration mit mehreren tausend Menschen hin. "Wir begreifen das als Ermutigung, weiter zu machen", sagte Wester. Mit Blick auf die Ausschreitungen sagte er, das Bündnis könne keine Garantie dafür geben, beim nächsten Mal alles im Griff zu haben.

Auf Seiten der Demonstranten wurden laut Eberle bei den Protesten mehr als 200 Menschen verletzt. Ursache dafür seien der Einsatz von Schlagstöcken oder Tränengas durch die Polizei gewesen.

Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) hat die Ausschreitungen scharf verurteilt. „Das passt nicht zu der Stadt. Ich war sehr wütend auf diese angereisten Chaoten, die Gewalt-Touristen die in unsere Stadt eingefallen sind, Autos angezündet und die Bevölkerung verschreckt haben“, sagte Feldmann am Donnerstag. „Das ist ein Imageschaden für die Stadt, aber auch für das Anliegen der friedlichen Kritiker der Finanzwirtschaft“, so der Bürgermeister. „Auch radikale Kapitalismuskritik war immer in dieser Stadt zu Hause, aber Gewalt ist von der Bevölkerung und allen Kritikern des Finanzsystems immer abgelehnt worden. Dabei muss es auch bleiben.“

Zur offiziellen Eröffnung des neues Sitzes der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt hatte es am Mittwoch am Rande der Blockupy-Proteste schwere Ausschreitungen gegeben. Autos wurden angezündet, Steine geworfen und brennende Barrikaden errichtet. Laut Polizei wurden 150 Beamte verletzt; 26 Menschen seien festgenommen worden. Am Mittwochnachmittag demonstrierten dann mehrere tausend Menschen friedlich gegen die Politik in der europäischen Schuldenkrise und die EZB. ctr/dpa/AFP/epd

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