zum Hauptinhalt
Jederzeit kampfbereit. Der Konflikt um Berg-Karabach - hier Soldaten in der Hauptstadt Stepanakert beim Waffenputzen (Archivbild) - schwelt seit Jahrzehnten.

© dpa

Krise im Kaukasus: Wieder Zusammenstöße zwischen Aserbaidschan und Armenien

Der Konflikt in der Ukraine wirkt auch auf andere Krisengebiete. Aserbaidschan und Armenien liefern sich neue Gefechte um die zwischen ihnen umstrittene Region Berg-Karabach.

Nach bewaffneten Zusammenstößen in Berg-Karabach hat Aserbaidschan die internationale Gemeinschaft zu Sanktionen gegen Armenien aufgerufen. Dessen „verantwortungslose Provokationen“ hätten zur neuen Eskalation der Spannungen und zu Opfern auf beiden Seiten geführt. Berg-Karabach, dessen Einwohnerzahl mit 134 000 angegeben wird, gehört zu Aserbaidschan, wird aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt. Die Region erklärte sich 1988 für unabhängig, wird seither jedoch faktisch von Armenien kontrolliert. Fünf Jahre später eskalierte der Konflikt zwischen den Nachbarn Armenien und Aserbaidschan erneut, als Armenien mehrere aserbaidschanische Landkreise um Berg-Karabach besetzte und einen Korridor eröffnete, um Verteidigung und Versorgung der Region zu erleichtern, die keine Grenze mit Armenien hat. 20 000 Menschen starben, mehr als eine Million flohen.

Vorwand für Unterdrückung der Bürger

Zwar vermittelte die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa OSZE 1994 einen Waffenstillstand. Er wurde aber unzählige Male gebrochen. Eine Lösung, um die sich sowohl die Minsker Gruppe der OSZE als auch Moskau im Alleingang bemühen, ist nicht in Sicht. Aserbaidschan will erst nach Rückgabe der von Armenien für den Korridor besetzten Gebiete über einen Friedensvertrag verhandeln und verlangt zuvor außerdem ein Referendum über den künftigen Status von Karabach, bei dem auch die 1988 vertriebenen Aseri stimmberechtigt sind. Armenien pocht auf Verhandlungen ohne Vorbedingungen.
Fortschritte gibt es seit Jahren kaum. Beiden Regierungen nutzt der Konflikt als Vorwand für eine repressive Innenpolitik, aber auch die Vermittler tun sich schwer mit der Rolle ehrlicher Makler.

Putin braucht Armeniens Militärbasis

Armenien mit seinen kanpp drei Millionen Einwohnern ist Mitglied des von Russland dominierten Verteidigungsbündnisses der UdSSR-Nachfolgegemeinschaft GUS und Beitrittkandidatin für die Eurasische Wirtschaftsunion, mit der der Kreml die Re-Integration der prorussischen Ex-Sowjetrepubliken vorantreiben will. Außerdem nutzt Russland die Truppenbasis im armenischen Gümr als inzwischen einzige im Südkaukasus, wo Moskau 5 000 Soldaten stationiert hat. Beides setzt Präsident Wladimir Putins Spielraum enge Grenzen: Längerfristig wäre das öl- und gasreiche Aserbaidschan, in dem 9,3 Millionen Menschen leben, für ihn der attraktivere Partner. Die Lobbyisten der armenischen Diaspora, die in Frankreich und den USA über erheblichen Einfluss verfügt, sorgen zugleich dafür, dass auch die westlichen Mitglieder der Minsker OSZE-Gruppe eher mit Armenien sympathisieren.

Viele postsowjetische Konflikte

Der wieder aufgebrochene Uralt-Konflikt zwischen dem pro-europäischen Westen und dem pro-russischen Osten in der Ukraine wirkt offenbar als Katalysator für andere schwelende Konflikte im postsowjetischen Raum wie den um Karabach. Davor warnte der Moskauer Politikwissenschaftler Stanislaw Belkowski schon im Januar, als die Krimkrise sich zuzuspitzen begann. Allein mit Rückeroberung der Schwarzmeerhalbinsel könne Putin soziale Grausamkeiten, wie sie angesichts der drohenden Rezession unvermeidlich sind, nicht begründen, sagte Belkowski. Dazu brauche er weitere außenpolitische Siege. Und die seien am wohlfeilsten durch diplomatische Anerkennung prorussischer Separatisten-Regime wie dem in Berg-Karabach zu haben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false