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Politik: Kritik an Auslandseinsatz der Polizei ohne Mandat Gewerkschaft fordert parlamentarische Kontrolle

Berlin - Für ihren Gastgeber hatte die Bundeskanzlerin ein besonderes Geschenk mitgebracht: Beim Staatsbesuch in Washington sagte Angela Merkel dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama am Dienstag zu, die USA beim Wiederaufbau in Libyen zu unterstützen. Deutschland wolle etwa beim Aufbau der Polizei in Bengasi helfen.

Berlin - Für ihren Gastgeber hatte die Bundeskanzlerin ein besonderes Geschenk mitgebracht: Beim Staatsbesuch in Washington sagte Angela Merkel dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama am Dienstag zu, die USA beim Wiederaufbau in Libyen zu unterstützen. Deutschland wolle etwa beim Aufbau der Polizei in Bengasi helfen. Die Option, den Nationalen Übergangsrat der Rebellen in Libyen bei der Polizeiausbildung zu unterstützen, sobald die Lage es erlaubt, werde sehr konkret geprüft, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes am Mittwoch.

Bei der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin löste Merkels Versprechen Verärgerung aus. „Wir haben gestern gehört, dass die Bundeskanzlerin mal wieder ein neues Feld aufgemacht hat“, sagte der GdP-Bundesvorsitzende Bernhard Witthaut am Mittwoch. Wie so oft, sei spontan ein Auslandseinsatz der Polizei beschlossen worden. Er bemängelt generell die fehlende Transparenz, unklare Missionsziele und mangelhafte parlamentarische Kontrolle bei Polizeieinsätzen in Krisengebieten. „Wir wollen einen Parlamentsvorbehalt und eine Verpflichtung der Regierung, dass sie im Bundestag unverzüglich und umfassend über jeden Einsatz informieren muss“, sagte Witthaut.

Das war vor allem bei dem umstrittenen Bundespolizeieinsatz in Saudi-Arabien nicht der Fall. „Das ist eine Mission, die noch mal einiges an den Tag gebracht hat“, sagte Witthaut. Parlamentarier der Opposition hatten sich beschwert, von der Bundesregierung getäuscht worden zu sein. Auch die Gewerkschaft fühlt sich schlecht informiert. „Es reicht nicht aus, wenn zwei Minister sich möglicherweise bei einem Staatsbesuch in die Augen schauen, und anschließend werden 50 Polizisten geschickt“, sagte Witthaut. Damit bezog er sich auf den Besuch des damaligen Bundesinnenministers Wolfgang Schäuble in Saudi-Arabien, bei dem eine Sicherheitszusammenarbeit vereinbart wurde. Die Details des Ausbildungsprogramms für die saudische Grenzpolizei scheinen allerdings nicht vertraglich fixiert worden zu sein.

Das Bundesinnenministerium gibt an, dass es mit dem Bundespolizeigesetz dafür eine rechtliche Grundlage gebe. Darin seien auch „gewissen Rechte des Bundestages“ bei Auslandseinsätzen geregelt: „Darüber hinausgehende Forderungen bei einem Mitspracherecht sehen wir eher kritisch“, sagte ein Sprecher. Er kündigte dennoch an, dass die Forderungen der GdP intensiv geprüft würden.

Im Gegensatz zum Verteidigungsminister, der für jeden Auslandseinsatz des Militärs ein Mandat des Bundestages benötigt, kann der Innenminister ohne parlamentarische Hürden seine Bundespolizisten entsenden. 364 deutsche Beamte der Bundespolizei, des Zolls, des Bundeskriminalamtes (BKA) und aus den Ländern stehen momentan in zwölf Auslandseinsätzen. Sie bilden vor allem ausländische Kollegen aus, beraten und beobachten.

Dabei gehe es oft alles andere als reibungslos zu, bemängelt die GdP. An den Missionen seien viele Ministerien und Behörden beteiligt – unter anderen die 16 Landespolizeiämter, das Bundesinnenministerium, das Auswärtige Amt und das Kanzleramt. „Es muss dringend geklärt werden, welche Behörde für den operativen Einsatz außerhalb der Außenwirtschaftszone der Bundesrepublik zuständig ist“, sagte Witthaut. „Wir brauchen ein nationales Führungs- und Einsatzzentrum zur besseren Koordination aller Polizeieinsätze im Ausland.“ Vorbild hierfür sei das Einsatzführungskommando der Bundeswehr bei Potsdam. Von dort werden die Missionen der Armee etwa in Afghanistan, auf dem Balkan oder vor der Küste des Libanons koordiniert. Für die Polizei fehle eine solche Einrichtung, sagte Witthaut. Deswegen seien Organisation und Vorbereitung der Auslandseinsätze meist mangelhaft.

Wie der Einsatz in Libyen aussehen könnte, kann die Bundesregierung noch nicht sagen. Bei der Gewerkschaft der Polizei heißt es, die Mission in Bengasi klinge nach einer neuen Baustelle, die viel Arbeit machen werde.

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