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Ein von Shell veranstalteter "Science Slam" in der Veranstaltungsarena Tempodrom entwickelte sich zu einem PR-Desaster für denMineralöl-Konzern.

© Björn Kietzmann

Kritik an Unternehmen: Aktivisten sprengen Shell-Veranstaltung

Vor rund 200 Zuschauern ist im Berliner Tempodrom am Mittwochabend eine Veranstaltung des Erdölkonzerns Shell nach heftigen Protesten vorzeitig abgebrochen worden. Umweltschutzaktivisten hatten sich eingeschlichen - und eine schwarze Flüssigkeit verspritzt.

Bei dem "Shell Science Slam" sollten junge Akademiker ihre Forschungen zu den Themen Energie und Mobilität vor einem Laienpublikum und einer Jury aus Wissenschaftlern vorstellen. Dabei gelang es mehreren Polit-Aktivisten, sich als Nachwuchsforscher auszugeben und auf diese Weise am Wettbewerb teilzunehmen. So hatten sich unter die insgesamt sechs Teilnehmer drei Aktivisten gemischt, ein Großteil des Publikums bestand ebenfalls aus Demonstranten.

In ihren Beiträgen äußerten die angeblichen Jungwissenschaftler scharfe Kritik an den Plänen von Shell, in der Arktis nach Erdöl zu bohren und prangerten die Umweltverschmutzung des afrikanischen Nigerdeltas durch auslaufende Shell-Pipelines an. Des Weiteren kritisierten sie die Veranstaltung als einen Versuch von Shell, sich öffentlichkeitswirksam in Szene zu setzen und den Eindruck eines an Fragen des Umweltschutzes interessiertes Unternehmen darzustellen.

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Die Veranstaltung wurde durch den Moderator Markus Kavka für beendet erklärt, nachdem ein Berliner unter dem Pseudonym „Paul von Ribbeck“ eine Maschine vorstellte, mit der sich angeblich Autoabgase für die Getränkeherstellung umwandeln ließen. Der für den Klimawandel verantwortliche Kohlendioxid-Ausstoß aus Automobilen sei durch seine Erfindung zu stoppen, sagte der Aktivist. Tatsächlich jedoch befand sich im Inneren der Maschine ein 60-Liter-Tank mit einer ölartigen, schwarzen Flüssigkeit. Diese spritzte unmittelbar nach dem Anlassen der Maschine meterweit durch den Veranstaltungsraum – unter großem Beifall weiter Teile des Publikums.

„Die Veranstaltung ist komplett unterwandert worden“, gestand die Shell-Pressesprecherin Cornelia Wolber ein. Zwar suche das Unternehmen den Dialog und akzeptiere andere Meinungen. "Diese Aktion war diesem Dialog unserer Meinung nach aber nicht zuträglich", sagte Wolber. Juristisch werde Shell nicht gegen die Demonstranten vorgehen. Allerdings liege das Hausrecht bei den Betreibern des Tempodroms. Organisiert wurde der "Science Slam" durch die PR-Agentur Burson-Marsteller. Die Agentur geriet bereits in der Vergangenheit in die Kritik, da sie unter anderem Demonstrationen inszenierte, bei denen die Demonstranten für ihre Teilnahme bezahlt wurden. Die beim "Science Slam" anwesenden Agenturmitarbeiter lehnten eine Stellungnahme ab.

 Moderator Markus Kavka (links) beendete die Veranstaltung, nachdem die Aktivisten die Flüssigkeit großflächig im Saal verteilt hatten.
Moderator Markus Kavka (links) beendete die Veranstaltung, nachdem die Aktivisten die Flüssigkeit großflächig im Saal verteilt hatten.

© Björn Kietzmann

Shell hatte in den vergangenen Tagen vor mehreren hundert Menschen in Hamburg und Köln bereits ähnliche Veranstaltungen durchgeführt. Sie verliefen ohne Störungen. Anders in Berlin. Hier war neben den Aktivisten auf der Bühne und im Publikum außerdem ein Kamerateam eines angeblichen "Studentensenders" unterwegs. Die ersten Filmaufnahmen der gesprengten Veranstaltung kursierten bereits am späten Abend im Internet.

"Science Slams" sind in den vergangenen Jahren immer beliebter geworden. Anders als vortragende Autoren bei "Poetry Slams" haben die Wissenschaftler bei einem Science Slam jedoch die Möglichkeit, Requisiten und sonstige Hilfsmittel einzusetzen. Das gereichte den Aktivisten nun zum Vorteil – und Shell zum Nachteil.

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