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Sorgenvoll im weißen Haus: Präsident Barack Obama wird durch die Folgen der Finanzkrise getrieben.

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Politik: Kurz vor Schluss

Die USA in der Finanzkrise: Das Geld in den Etats reicht nicht mehr – die Schulden nähern sich dem Limit

Ganz knapp sind die USA am Offenbarungseid vorbeigeschrammt. Beinahe wäre am Freitag der letzte Arbeitstag für hunderttausende Regierungsangestellte gewesen. Am Montag hätten sie nicht mehr zur Arbeit kommen dürfen. Das Haushaltsjahr, das in Amerika vom 1. Oktober bis 30. September reicht, ist zwar noch nicht einmal zur Hälfte vorbei. Aber das vom Parlament bewilligte Geld ist aufgebraucht. Die Steuereinnahmen sind wegen der Wirtschaftskrise geringer ausgefallen als geplant, die Ausgaben höher. Ein Nachtragshaushalt ist nötig.

Neben dem Geldmangel geht es um ideologischen Streit. Er wird viel härter ausgetragen, als man sich das in Deutschland vorstellen könnte. Republikaner und Demokraten drohen sich gegenseitig mit dem „Government Shutdown“, der Zwangsschließung der Regierung, in der Hoffnung, dass die Bürger dem jeweils anderen Lager die Schuld geben.

In den Einzelstaaten ist die Finanznot noch größer. Neue republikanische Gouverneure in Wisconsin und Ohio machen die Gewerkschaften der öffentlich Bediensteten dafür verantwortlich. Die hohen Lohnnebenkosten für üppige Pensionen und überdurchschnittliche Krankenversicherungen der Staatsdiener hätten die Budgets ausgetrocknet. Diese Leistungen wollen die Republikaner reduzieren und zudem die Verhandlungsrechte der Gewerkschaften beschneiden, damit sich die Dynamik bei der nächsten Tarifrunde nicht wiederholen kann. In Wisconsin boykottieren 14 Demokraten seit zwei Wochen das regionale Parlament, damit es beschlussunfähig ist und das Gewerkschafts-Entmachtungsgesetz nicht beschließen kann. Der Gouverneur lässt die Polizei nach ihnen fahnden.

Auf Bundesebene haben sich Republikaner und Demokraten jetzt auf eine Gnadenfrist geeinigt: Sie bewilligen das Geld fürs laufende Geschäft für weitere zwei Wochen. Nun ist der 18. März der vorerst letzte Arbeitstag für die meisten Staatsdiener. Wenn sich die beiden Lager bis dahin nicht auf einen Nachtragshaushalt für die Zeit bis Ende September einigen, müssen Museen, Nationalparks, Forschungsinstitute und viele Ämter schließen. Die Versorgungsschecks für Kriegsveteranen und die staatliche Grundrente würden nicht mehr verschickt. Nur Behörden, die für die nationale Sicherheit und die öffentliche Ordnung zuständig oder aus anderem Grund aktuell unverzichtbar sind wie zum Beispiel die Arabien-Abteilung des Außenministeriums, dürften weiter arbeiten.

Der Volkszorn wäre beträchtlich. Und da sich keine Partei ganz sicher sein kann, gegen wen er sich richtet, scheuen sie davor zurück. Vor allem die Republikaner haben ungute Erinnerungen. 1994 hatte Bill Clinton seine erste Kongresswahl als Präsident verloren, so wie jetzt Barack Obama. Auch Clinton wollten die Konservativen mit einem Sparprogramm in die Enge treiben, das die Regierungsaufgaben reduzieren sollte. 1995 erzwangen sie einen „Government Shutdown“. Selbst Bürger, die mit ihnen ideologisch sympathisierten, wandten sich ab. 1996 wurde Clinton wiedergewählt.

Die Lage 2011 ist jedoch keine direkte Parallele. Die Finanznot ist dramatischer. Das bewilligte Budget beläuft sich auf 3,83 Billionen Dollar; ein Drittel davon, 1,3 Billionen, war als Defizit genehmigt. Es liegt bereits bei 1,48 Billionen Dollar. Die Republikaner haben den Wählern versprochen, bei der Verabschiedung des Nachtragshaushalts 100 Milliarden Dollar zu sparen. Mit ihrer neuen Mehrheit im Abgeordnetenhaus haben sie ein Gesetz verabschiedet, das 61 Milliarden kürzt bei Vorhaben, die ihnen schon lange ideologisch missfielen: Gelder für Familienplanung samt Abtreibungsberatung, die Umweltschutzbehörde, Bildungsförderung für ärmere Schichten, die Anschubfinanzierung für die Gesundheitsreform.

Die Demokraten akzeptieren, dass gespart werden muss. Aber sie sind für geringere Kürzungen, damit die zarte wirtschaftliche Erholung nicht abgewürgt wird. Und sie wollen die Lasten breiter verteilen. Konsens gibt es bisher nur für Einsparungen von zehn Milliarden Dollar. Im Mai werden die USA die gesetzliche Obergrenze für die Gesamtschulden von derzeit 14,3 Billionen Dollar erreichen. Das entspricht dem kompletten Bruttoinlandsprodukt eines Jahres.

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