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Politik: Lastenteilung – aber wie?

Die SPD legt ein Konzept zur Reform der Pflegeversicherung vor. Allerdings bleiben Details zur Finanzierung offen

Berlin - Die SPD macht es beim Thema Pflege nicht anders als die Regierenden: Sie beschreibt den Reformbedarf und lässt die Finanzierung im Dunkeln. Im 28-seitigen Pflegekonzept der Bundestagsfraktion, das dem Tagesspiegel in der Endfassung vorliegt, findet sich nur der vage Hinweis auf die gewünschte Bürgerversicherung und ein gerechteres System. Die Forderung der zuständigen Arbeitsgruppe, besser Verdienende bei den Beiträgen stärker zur Kasse zu bitten, wurde wieder herausgestrichen.

Die Gruppe um Pflegeexpertin Hilde Mattheis hatte vorgeschlagen, die Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 3712,50 Euro für die Pflege auf 5500 Euro monatlich heraufzusetzen. Das entspräche der geltenden Obergrenze für die Rentenversicherung. Bis zu diesem Limit wären dann für die Einkünfte aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung Beiträge von 1,95 Prozent beziehungsweise 2,2 Prozent für Kinderlose fällig. Zu erzielen wären so Zusatzeinnahmen von rund einer Milliarde Euro, hatte die Arbeitsgruppe vorgerechnet. Zusammen mit einkommensabhängigen Beiträgen der privat Versicherten und einer Ausgleichszahlung der Privaten an die gesetzlichen Kassen wären vier Milliarden Euro zusammengekommen. Fünf bis sechs Milliarden müssten es schon sein, um eine anständige Reform hinzubekommen, argumentierte Mattheis – dafür wäre folglich dann nur noch ein allgemeiner Beitragssatzanstieg um 0,1 bis 0,2 Punkte nötig.

Die Fraktionsoberen jedoch wollten von einer solchen Festlegung nichts wissen. Seriöse Vorschläge zur Finanzierung der Pflegereform könne es erst geben, wenn man sich auf ein Gesamtkonzept für Steuern und Abgaben geeinigt habe, sagte der SPD-Politiker Karl Lauterbach dem Tagesspiegel. Schließlich werde daraus die Gesamtbelastung der sogenannten Besserverdienenden ersichtlich. Dass er von einer höheren Beitragsbemessung für die Pflege nichts hält, stellte Lauterbach allerdings klar. In keiner Einkommensgruppe summiere sich die Belastung durch Abgaben und Steuern so wie in der zwischen 3800 und 5500 Euro im Monat, sagte er. Es sei „absurd, ausgerechnet bei diesen Leuten nochmal was draufzulegen“. Dadurch würden sie gegenüber denen, die mehr verdienten und bessere Möglichkeiten der Steuerabschreibung genössen, weiter benachteiligt.

Dass es sich die Genossen mit der Mittelschicht nicht verderben wollen, haben sie bereits durch ihr Gesundheitskonzept bewiesen. Anders als die Grünen verzichteten sie auch darin auf eine höhere Bemessungsgrenze. „Unsere Konzepte müssen stimmig sein“, mahnte Lauterbach denn auch und warnte vor Widersprüchen. Man könne mittlere Einkommen nicht bei der Krankenversicherung schonen und bei der Pflege zusätzlich belasten.

Mit dem geforderten Finanzausgleich zwischen privaten und gesetzlichen Kassen hatte die Fraktion indessen keine Probleme. Die Pflegerisiken seien „höchst ungleich“ verteilt, lautet die Begründung. Bei den gesetzlichen Anbietern lägen die Leistungsausgaben pro Versichertem im Schnitt bei 241 Euro im Jahr, die Privatkassen kämen grade mal auf 60 Euro.

Der Ausgleich soll pro Jahr mindestens eine Milliarde Euro bringen. Allein die gewollte Neudefinition von Pflegebedürftigkeit und Mitberücksichtigung Demenzkranker werde rund vier Milliarden Euro verschlingen, heißt es in dem Papier. Die vereinbarte Leistungsdynamisierung koste weitere 1,2 Milliarden, für den Ausbau der Infrastruktur würden zusätzliche Mittel benötigt. „Nur mit schönen Worten ist keinem geholfen“, sagte Mattheis. Der Grundsatz der SPD sei, dass mit der Reform „kein Pflegebedürftiger schlechter, aber viele besser gestellt“ werden sollten. Die Regierung dagegen wolle eine „Pflegereform light“, die möglichst wenig koste.

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