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Frankreich setzt Mirage-Jets gegen die Truppen des libyschen Machthabers Gaddafi ein.

© DPA

Update

Libyen: Frankreich setzt Luftangriffe fort

Die USA, Frankreich und Großbritannien haben am Samstag mit einem massiven Militärschlag in Libyen eingegriffen. Frankreich setzt seine Luftangriffe nun fort.

Mehrere Kampfflugzeuge vom Typ Rafale und Mirage 2000 hätten am Sonntagmorgen Libyen überflogen und Panzer von regierungstreuen Truppen angegriffen, berichteten Militärkreise. Die genauen Einsatzorte waren zunächst nicht bekannt. „Wir wollen dem libyschen Volk ermöglichen, sich zu befreien“, hatte der französische Außenminister Alain Juppé am Vorabend im Sender TF1 betont. Er bekräftigte, dass ein Einsatz von Bodentruppen nicht geplant sei.

Der Flugzeugträger Charles de Gaulle sollte am Sonntag in Toulon auf seinen Einsatz in Libyen vorbereitet werden. Das Schiff wird nach Angaben des Militärs mit etwa 20 Flugzeugen und Hubschraubern bestückt. Die Hubschrauber sind vor allem für die Bergung von Piloten gedacht, die sich im Fall eines Angriffs per Schleudersitz retten können. Die Fahrt über das Mittelmeer wird etwa 24 Stunden dauern. Der Flugzeugträger soll von drei Fregatten und einem Atom-U-Boot begleitet werden.

Der internationale Militäreinsatz hatte am Samstag nach einem Libyen-Gipfel internationaler Spitzenpolitiker in Paris begonnen. Die drei Mächte haben dabei die Rückendeckung der UN, der Afrikanischen Union und der meisten Staaten der arabischen Welt. US-Präsident Barack Obama sagte, er habe eine „begrenzte Aktion“ befohlen, um die am Donnerstag verabschiedete UN-Resolution gegen den libyschen Machthaber Muammar al Gaddafi durchzusetzen. Nach Angaben des US-Militärs bombardierten die US-Streitkräfte libysche Luftabwehrstellungen nahe der Hauptstadt Tripolis und der Küstenstadt Misrata mit mindestens 110 Marschflugkörpern. Auch ein U-Boot sei an der Aktion beteiligt gewesen.

Am frühen Sonntagmorgen war in der libyschen Hauptstadt Tripolis heftiges Feuer aus Flakgeschützen zu hören. Der US-Fernsehsender CNN zeigte Aufnahmen von Leuchtspurgeschossen. Es habe Explosionen gegeben und die Flugabwehr habe gefeuert. Der Geschützdonner habe etwa zehn Minuten gedauert, hieß es beim britischen Sender BBC. Unklar war, ob es sich um einen neuen Luftangriff gehandelt haben könnte.

Auch über der Rebellenhochburg Bengasi im Osten des Landes waren Kampfflugzeuge und Explosionen zu hören. Ein Korrespondent des arabischen Fernsehsenders Al-Dschasira sagte, dass es sich um westliche Jets gehandelt haben müsse.

Im libyschen Fernsehen hieß es unter Berufung auf das Militär, bei den Angriffen seien 48 Menschen ums Leben. 150 Menschen seien verletzt worden, berichtete CNN nach dieser Quelle.

Gaddafi bezeichnete die Militäroperation gegen seine Truppen als „Auslöser eines zweiten Kreuzfahrerkrieges“. „Das Mittelmeer wird zum Schlachtfeld werden“, drohte er in einer kurzen Ton-Botschaft, die vom staatlichen libyschen Fernsehen am Abend ausgestrahlt wurde. „Das libysche Volk ist bereit, die Kreuzritter zu bekämpfen“, sagte Gaddafi. „Wir werden die Waffenlager für alle Libyer öffnen.“

Der Einsatz unter dem Codewort „Odyssey Dawn“ wird vom Afrika-Kommando der US-Streitkräfte befehligt, das seinen Sitz in Stuttgart hat. Das libysche Staatsfernsehen berichtete, bei Misrata seien auch Treibstofflager getroffen worden. Zudem hieß es: „Zivile Ziele in Tripolis wurden von den Angriffen der feindlichen Luftwaffe der Kreuzritter getroffen.“

Zuvor hatte bereits die französische Luftwaffe mehrere Einsätze nahe der Stadt Bengasi geflogen, der von Gaddafis Truppen bedrängten Hochburg der Aufständischen, und dabei nach eigenen Angaben mehrere Panzer zerstört. Präsident Nicolas Sarkozy kündigte weitere Aktionen an, sollte sich Gaddafi nicht an die auferlegte Waffenruhe halten. Am Abend erklärte auch der britische Premierminister David Cameron, Streitkräfte seines Landes seien in Libyen im Einsatz. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton forderte Gaddafi zum sofortigen Einlenken auf. „Entweder befolgt er sofort die UN- Resolution oder die internationale Gemeinschaft wird weiterhin handeln“, sagte sie. Der konzertierten Militäraktion war ein Sondergipfel in Paris vorausgegangen, um die Maßnahmen zu beschließen.

Noch am Samstag hatten Gaddafis Truppen Bengasi angegriffen. Die Stadt sei mit Artillerie und Panzergranaten beschossen worden, berichteten Augenzeugen. Auch libysche Kampfflugzeuge seien über das Stadtgebiet geflogen. Arabischen Medien zufolge drangen Gaddafi-Truppen in die südlichen Vorstädte von Bengasi ein. Korrespondenten berichteten später aus der Stadt, dass sich der Kampflärm wieder entfernt habe, was darauf hindeute, dass die Verteidiger den Vorstoß der Gaddafi-Truppen abgewehrt hätten. Nach Angaben Sarkozys ist es für ein Einlenken des Regimes noch nicht zu spät. Ein sofortiger Waffenstillstand könne für Gaddafi das Schlimmste noch verhindern, sagte er nach dem Sondergipfel mit zwei Dutzend Spitzenpolitikern aus aller Welt. Daran nahm auch Kanzlerin Angela Merkel teil; Deutschland beteiligt sich an der Militäraktion gegen den libyschen Gewaltherrscher jedoch nicht. Allerdings will die Bundeswehr die Nato in Afghanistan stärker entlasten. Außerdem sollen für den Libyeneinsatz die US-Stützpunkte in Deutschland zur Verfügung gestellt werden. Das kündigte Merkel in Paris an. Ziel sei es, den Krieg Gaddafis gegen sein Volk zu beenden und eine Waffenruhe zu erreichen. „Deutschland hatte gegen Teile der UN-Resolution Bedenken. Aber jetzt gilt die Resolution, und wir wollen, dass sie erfolgreich durchgesetzt wird“, sagte Merkel.

Politiker von SPD und Grünen haben die deutsche Enthaltung bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat scharf kritisiert. „So sieht es so aus, als habe Deutschland keine innere Haltung zu der Bekämpfung dieses mörderischen libyschen Diktators“, sagte SPD-Parteichef Sigmar Gabriel dem Tagesspiegel am Sonntag. Auch der Fraktionschef der Grünen im Europaparlament, Daniel Cohn- Bendit, übte heftige Kritik. „Deutschland hat kein Verständnis für Menschen, die sich revolutionär befreien. Das ist der deutsche Sonderweg“, sagte er dem Tagesspiegel. Die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, begrüßte die UN-Flugverbotszone in Libyen. „Das halte ich eng begrenzt für richtig, weil man das freiheitsliebende Volk vor einem völlig irrsinnig gewordenen Diktator schützen muss“, sagte sie dem Tagesspiegel. (mit AFP/dpa)

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