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Björn Höcke ist Landes- und Fraktionschef der AfD in Thüringen

© Martin Schutt/dpa

Update

Mangelnde Distanz zur NPD: AfD will Thüringer Landeschef Björn Höcke absetzen

Thüringens AfD-Chef Björn Höcke soll wegen Äußerungen zur NPD entmachtet werden, verlangt der Bundesvorstand. Höcke reagiert verständnislos. Auch Parteivize Alexander Gauland sagt, es werde mit Kanonen auf Spatzen geschossen.

Von Matthias Meisner

Der Thüringer Landes- und Fraktionsvorsitzende der AfD, Björn Höcke, soll nach dem Willen der Bundespartei seines Postens enthoben werden. Der Bundesvorstand beschloss in einer Telefonkonferenz am Dienstag mehrheitlich, das Landesschiedsgericht in Thüringen zu ersuchen, ein entsprechendes Amtsenthebungsverfahren gegen Höcke einzuleiten, wie der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland dem Tagesspiegel bestätigte.

Begründet wird das angestrebte Verfahren nach den Worten von Gauland damit, dass Höcke der Partei mit Äußerungen zur NPD schweren Schaden zugefügt habe. Der thüringische Landes- und Fraktionschef hatte erklärt, dass nicht jedes Mitglied der NPD extremistisch sei.

Über die angestrebte Absetzung von den Spitzenposten hinaus wird das Landesschiedsgericht ersucht, Höcke die Ausübung eines politischen Amtes auf zwei Jahre innerhalb der AfD abzuerkennen. Der Bundesvorstand war mehrheitlich der Auffassung, dass Höcke ausreichend Zeit eine deutliche Distanzierung gegeben worden sei, die er jedoch ungenutzt habe verstreichen lassen. Höcke selbst stellt das anders dar. Er schrieb vergangene Woche auf seiner Facebook-Seite: "Die AfD-Fraktion wie auch der gesamte Thüringer Landesverband und ich selbst haben uns seit Gründung der AfD immer klar und deutlich von der NPD abgegrenzt."

Gauland sagte, er halte das vom Bundesvorstand mehrheitlich angestrebte Verfahren gegen Höcke für falsch. Die Äußerung von Höcke, wonach nicht jedes NPD-Mitglied extremistisch sei, halte er einerseits für "sachlich richtig". Andererseits sei sie "politisch nicht zielführend", denn die AfD habe einen klaren Abgrenzungsbeschluss, laut dem keine früheren NPD-Mitglieder in die Partei aufgenommen werden. Er und auch die Bundessprecherin der Partei, Frauke Petry, hätten bei der Telefonkonferenz gegen das angestrebte Parteiverfahren gestimmt, sagte Gauland, der auch Fraktionsvorsitzender der AfD in Brandenburg ist. "Ich finde, es wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen", sagte er. Allerdings hatte auch Petry den Thüringer wegen seiner NPD-Äußerungen kritisiert.

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Unter Pseudonym Texte für NPD-Publikationen verfasst?

Die sächsische AfD-Chefin sagte dem "Handelsblatt": "Toleranz gegenüber oder gar Zusammenarbeit mit wie auch immer gearteten Mitgliedern extremer Parteien hat in der AfD nichts verloren. Eine Verharmlosung dieser Problematik von Seiten bestimmter Einzelpersonen ist vollkommen unzulässig." Neben Höcke nannte Petry auch den sachsen-anhaltinischen Landeschef André Poggenburg als Ziel ihrer Kritik.

Höcke reagierte am Dienstag verständnislos auf die Entscheidung aus Berlin. Er habe in der Sache alles gesagt und die Vorwürfe entkräftet, erklärte er in Erfurt. "Insofern sehe ich dem Ausgang des Verfahrens gelassen entgegen."

Die AfD war im September vergangenen Jahres in Thüringen erstmals in den Landtag gewählt worden, sie erreichte aus dem Stand 10,6 Prozent. Höcke hatte sich in den vergangenen Monaten zusehends von der Bundesführung seiner Partei entfremdet. Er steht im Verdacht, früher unter Pseudonym Texte für NPD-Publikationen verfasst zu haben. Der thüringische AfD-Chef bestreitet dies.

Der Bundesvorsitzende Bernd Lucke hatte den zum rechten Flügel gehörenden Höcke wegen seiner mangelnden Distanzierung zur NPD vergangene Woche zum Parteiaustritt aufgefordert: "Seine Äußerungen zur NPD offenbaren Uneinsichtigkeit und einen erschreckenden Mangel an politischem Urteilsvermögen.". Lucke ist auch der Auffassung, dass die Auseinandersetzungen um den Kurs der AfD im Wahlkampf zur Bremer Bürgerschaft schwer geschadet hätten.

Im eskalierenden Führungsstreit der Bundes-AfD bemühte sich unterdessen Ko-Parteichef Konrad Adam, den Konflikt mit Lucke zu entschärfen. Er habe nicht behauptet, dass Lucke die AfD verlassen und eine neue Partei gründen wolle, sagte Adam im Deutschlandfunk. Er habe lediglich darauf hingewiesen, dass es "Signale" gebe, "dass die Kontroversen zunehmen". Tatsächlich sei die AfD ohne ihren Mitgründer Lucke "wahrscheinlich nicht" überlebensfähig, sagte Adam. (mit AFP)

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