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Die SPD möchte insbesondere Alleinerziehende und Familien mit kleinen und mittleren Einkommen stärker unterstützen.

© Jens Kalaene/dpa

Mehr Entlastung für Alleinerziehende: Das Gerechtigkeitsgefühl ist wieder im Lot

Alleinerziehende sollen stärker steuerlich entlastet werden. Das ist bitter notwendig. Absurd wäre es allerdings, wenn dafür nur wieder andere Familien zahlen müssten. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Hans Monath

Diese Niederlage Wolfgang Schäubles ist ein Gewinn für viele andere – und deshalb bitter nötig. Wenn die Regierungsfraktionen nun Alleinerziehende entlasten, anders als ursprünglich vom Bundesfinanzminister gewollt, dann profitiert eine Gruppe von Menschen mit Kindern davon, die mehr Geld dringend benötigt. Dann ist das Gerechtigkeitsgefühl eines Landes wieder im Lot, das sich auf seine Familienfreundlichkeit etwas einbildet. Und die große Koalition muss nicht eine absurde Entscheidung gegen ein breites gesellschaftliches Bündnis verteidigen.

Das Kindergeld und den Kinderfreibetrag wollte der CDU-Politiker anheben, als er vor Ostern seine Haushaltseckwerte präsentierte. Doch den Steuerfreibetrag für Alleinerziehende ließ er unangetastet. Der aber ist seit zehn Jahren nicht mehr gestiegen. Rund eineinhalb Millionen Alleinerziehende und ihre Kinder, immerhin jede fünfte Familie in Deutschland, sollten leer ausgehen, während Kinder, die in einer klassischen Familie aufwachsen, bessergestellt wurden.

Auch aus der Union kam Kritik an Schäubles Vorgehen

Die Familienministerin wollte das nicht hinnehmen. Auch Sozialverbände, Kirchen und DGB appellierten in seltener Eintracht an die Politik, nicht an den Schwächsten zu sparen. Sie hatten Erfolg, weil sich auch viele Unions- und SPD- Abgeordnete äußerst unwohl mit dieser Entscheidung fühlten.

Nicht nur die SPD stellte sich hinter ihre Familienministerin und gegen den Finanzminister. Auch aus Schäubles Fraktion kamen schon früh Forderungen nach mehr Hilfe für die Alleinerziehenden. Sein Argument, wonach eine solche Steigerung im Koalitionsvertrag nicht als „prioritär“ festgeschrieben worden sei, wirkte angesichts der moralischen Kluft sehr kleinkariert.

Aber womöglich war es auch ein persönlicher Grund, weswegen der Doyen im Kabinett in diesem Konflikt auf stur stellte. Alle Familienministerinnen seit 2005 hatten von den Erfahrungen des Älteren profitiert und ihn als eine Art Vaterfigur akzeptiert. Ursula von der Leyen war neu in der Bundespolitik, als sie das Familienressort übernahm. Die junge Kristina Schröder suchte ebenso wenig den Konflikt, sondern kürzte auf Bitten des Finanzministers in ihrem eigenen Etat sogar das Elterngeld zusammen.

Doch die Sozialdemokratin Manuela Schwesig forderte als Neuling im Kabinett den CDU- Mann offen heraus – im Finanzministerium wurde das als unerhörte Provokation empfunden. Aber die Familienministerin weiß nicht nur ihre Partei hinter sich, die dringend nach Profilierungsthemen sucht. Sie kämpfte auch für ein Thema, für das sie in der Gesellschaft viele Verbündete fand – eine Konstellation, die Voraussetzung für jeden Erfolg in der Familienpolitik ist.

Nicht der Finanzminister soll den Ausfall begleichen, so der Plan

Union und SPD haben die Anhebung des Freibetrags nun zum gemeinsamen Ziel der Regierungsfraktionen erklärt. Doch nicht der Finanzminister soll den neuen Steuerausfall begleichen, dafür muss die Familienministerin ihren eigenen Etat plündern. Nur Details sollen die beiden alleine regeln.

Da mehr Hilfe für die Alleinerziehenden aber ein Ziel der ganzen Gesellschaft ist, wäre es absurd, wenn dafür nur wieder andere Familien zahlen müssten. Die Familienministerin kann ihren eigenen Etat bemühen – dann aber muss der entsprechend steigen. Sonst müssen die vielen Unterstützer der Alleinerziehenden noch einmal ganz laut den Mund aufmachen.

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