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Meinungsforscher im Interview: "Wulffs Zustimmungswerte sind dramatisch gesunken"

Der Bundespräsident steckt im Umfragetief, viele halten ihn für unglaubwürdig. Trotzdem ist für Christian Wulff noch nicht alles verloren, sagt Matthias Jung von der Forschungsgruppe Wahlen.

Herr Jung, Sie haben nach dem Fernseh-Interview von Christian Wulff eine Blitzumfrage gestartet. Ist es für Sie ein Widerspruch, dass im Ergebnis 59 Prozent Wulff für nicht glaubwürdig halten, aber trotzdem 50 Prozent wollen, dass er im Amt bleibt?
Nein, denn nicht jede Unzufriedenheit muss automatisch zu Rücktrittsforderungen führen.

Darf ein Bundespräsident in Deutschland demnach unehrlich sein?

Unehrlich und unglaubwürdig ist nicht dasselbe. Wenn die Menschen ihn für unglaubwürdig halten, dann unterstellen Sie ihm nicht direkt auch eine Lüge. Die Unglaubwürdigkeit kann sich auch darauf beziehen, dass er seine Rolle als Bundespräsident momentan nicht glaubwürdig vertreten kann.

Matthias Jung, Forschungsgruppe Wahlen
Matthias Jung, Forschungsgruppe Wahlen

© Mike Wolff/Tsp

Das ist allerdings auch nicht besonders gut.

Nein, das ist gerade für einen Bundespräsidenten verheerend, dessen Macht auf seiner allgemeinen Wertschätzung beruht. Allerdings ist eine solche Umfrage auch nur ein aktuelles Stimmungsbild. Verlorenes Vertrauen kann man sich eventuell wieder verdienen. Offensichtlich geben ihm diejenigen, die sich gegen seinen Rücktritt aussprechen eine zweite Chance. Es ist nur im hektischen Medienalltag logisch, dass immer sofort Konsequenzen eingefordert werden. Das ist nicht immer die Geschwindigkeit in der die Durchschnittsbevölkerung die Dinge wahrnimmt und bewertet. Wir haben aber auch gefragt, was wäre, wenn noch weitere belastende Ungereimtheiten auftreten würden. Da gibt es dann noch mal einen erheblichen Teil, der dann sagt: Dann wäre aber Schluss.

Also ist die Wulff-Affäre Ihrer Ansicht nach auch eine Medien-Affäre?

Naja, man muss schon sehen, dass – ohne eine direkte Parallelität herstellen zu wollen, was die Inhalte angeht – die Medien heute ganz anders mit Politikern - auch mit Wulff - umgehen, als zum Beispiel mit Johannes Rau in den 90er Jahren. Heute reagieren die Medien sehr viel weniger distanziert und deutlich hektischer. Es werden immer schneller immer härtere Konsequenzen gefordert. Das war vor fast zwanzig Jahren noch anders. Aber Politiker, gerade auch Wulff und seine Frau, haben Medien in der Vergangenheit auch viel stärker für sich instrumentalisiert.

Geht es für Wulff jetzt wieder aufwärts?

Das wird man abwarten müssen. Die Zustimmungswerte, die wir regelmäßig zu Wulff erheben, sind dramatisch gesunken. Die waren bis November noch sehr gut, allerdings schon damals nicht so gut, wie bei früheren Bundespräsidenten. Dann gab es einen deutlichen Knick im Dezember und jetzt einen Absturz.

Die große Zustimmung für den Bundespräsidenten kommt generell daher, dass er Zustimmung aus allen politischen Lagern erfährt. Andere Politiker polarisieren stärker. Anhänger und Gegner heben sich dann im Ergebnis gegenseitig mehr oder weniger auf.

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