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Am Morgen ihrer Freilassung: Der Berliner Menschenrechtler Peter Steudtner (2.v.r.) und sein schwedischer Kollege Ali Gharavi in Istanbul.

© Emrah Gurel/AP/dpa

Update

Freigelassene Menschenrechtler: Steudtner und Gharavi leiden noch immer unter Haft in der Türkei

Nicht misshandelt, aber "ausgesprochen unfreundlich" behandelt: Der Berliner Menschenrechtler und sein schwedischer Kollege sprechen über ihre Zeit im Gefängnis.

Die Menschenrechtler Peter Steudtner und Ali Gharavi sind nach eigener Aussage während ihrer Haft in der Türkei nicht misshandelt worden. Sie seien jedoch „ausgesprochen unfreundlich“ behandelt worden und litten noch immer darunter, sagten sie dem Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“. Zu schaffen gemacht habe ihnen im Hochsicherheitstrakt des Gefängnisses in Silivri nahe Istanbul vor allem die Isolation. An seinem Alltag in Berlin schätzt Steudtner, „wieder Zeit mit anderen Menschen verbringen zu können“. Dennoch befinde sich sein Körper noch immer in einem Zustand ständiger Wachsamkeit. „Ich reagiere auf jedes Geräusch“, berichtete der Menschenrechtler.

Von seiner Festnahme berichtete er, dass er als Erstes von einem fließend Deutsch sprechenden Polizisten verhört worden sei. "Er identifizierte sich nicht, er informierte mich nicht über meine Rechte. Er fragte: 'Du bist ein Spion. Wer ist dein Kontaktmann beim BND?'", sagte Steudtner dem "Spiegel". "In Wahrheit ging es nur darum, mich einzuschüchtern."

Während der Haft verbündete Steudtner sich jeden Abend mit seiner Andacht haltenden Kirchengemeinde in Berlin. „Ich setzte mich zur selben Zeit in den Hof und sang die Lieder, die sie auch sangen: 'Wachet und betet', 'Der Himmel geht über allen auf', 'We shall overcome'“, erzählte er. Die evangelische Gethsemanegemeinde im Prenzlauer Berg hatte täglich um 18 Uhr für den am 5. Juli Festgenommenen gebetet. Am vergangenen Sonntag hatte sich Steudtner seiner Gemeinde erstmals wieder gezeigt, als er den Gottesdienst besuchte.

Anwälte berichteten von Solidarität der Menschen in Deutschland

Gharavi erklärte, dass sie durch die Anwälte, mit denen sie einmal in der Woche ein Stunde hätten sprechen dürfen, von der Solidarität der Menschen in Deutschland erfahren hätten. Ansonsten hätte sie keine Möglichkeiten gehabt, sich zu informieren. „Wir bekamen keine ausländischen Zeitungen, wir hatten kein Fernsehen und kein Internet.“

Steudtner, sein schwedischer Kollege Gharavi und sechs weitere inhaftierte Menschenrechtler waren vergangene Woche in der Türkei überraschend aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Ihr Verfahren wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer bewaffneten Terrororganisation beziehungsweise Unterstützung solcher Gruppen geht aber weiter. Die Verhandlung wird am 22. November fortgesetzt. (Tsp, dpa, AFP, KNA)

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