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Merkel - Sarkozy: Treffen in Berlin: Griechenland verdirbt die Tagesordnung

Am Montag treffen sich Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin. Die neuen Hiobsbotschaften aus Griechenland kommen da höchst ungelegen.

Für Merkel und Sarkozy, die Achse Berlin–Paris, kommt die Zuspitzung der Lage in Griechenland höchst ungelegen. Denn eigentlich wollte sich das deutsch-französische Duo darauf konzentrieren, wie das Vertrauen der Märkte in die Euro-Zone wiederhergestellt werden kann. Falls Athen aber nun tatsächlich einen größeren Finanzbedarf anmelden sollte, könnten auch die Gipfel-Beschlüsse vom vergangenen Oktober Makulatur werden, denen zufolge die privaten Gläubiger auf 50 Prozent ihrer Forderungen gegenüber Griechenland verzichten sollen. Allerdings sind die Details des Gläubigerverzichts noch nicht ausgehandelt. Athen setzt darauf, dass die Gespräche mit Banken und Versicherungen Mitte dieses Monats beendet werden.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) scheint unterdessen den Glauben an die Gesundungserfolge Griechenlands nach den bisherigen Therapieschritten verloren zu haben. Der IWF will deshalb offenbar Eckpunkte des Sanierungsprogramms ändern. Drei Szenarien stehen zur Debatte: Entweder die Griechen müssen noch mehr sparen oder die privaten Gläubiger müssen auf noch mehr Forderungen verzichten oder die Hilfen für Athen müssen ausgeweitet werden. Der IWF gehört neben der Europäischen Zentralbank (EZB) und der EU-Kommission zur sogenannten Troika, die die Hilfszahlungen bereitstellt und die Reformschritte überwacht.

Griechenland ist mit seinen Reformschritten säumig. So hat Athen bisher weder die bereits für das vergangene Jahr versprochene Öffnung der sogenannten „geschlossenen Berufe“ umgesetzt, die das Land wettbewerbsfähiger machen soll, noch hat der Finanzminister die angekündigten Erfolge im Kampf gegen die Steuerhinterziehung vorzuweisen. Das Haushaltsdefizit 2011 ist deshalb nach ersten Schätzungen höher als erwartet. Den Fehlbetrag muss die Regierung im ersten Quartal 2012 ausgleichen – wie, ist bisher unklar. Immer noch keine Einigung gibt es zwischen den Koalitionspartnern der Drei-Parteien-Regierung über die Kürzung der Zusatzrenten, die eigentlich schon zum 1. Januar in Kraft treten sollte.

Sollte die Troika ihre Ankunft in Athen verschieben, würde der ohnehin enge Fahrplan aus den Fugen geraten. An den geforderten Einsparungen und Strukturreformen hängt die Auszahlung der nächsten Kreditrate. Ohne sie droht Griechenland spätestens am 20. März, wenn Staatsanleihen von 14,4 Milliarden Euro zur Tilgung anstehen, eine ungeordnete Insolvenz – eine Gefahr, auf die Premier Lucas Papademos in den vergangenen Tagen mehrfach mit eindringlichen Worten hinwies.

Focus sollte die Stabilität der Euro-Zone sein

Die Situation in Griechenland könnte sich nun in den Vordergrund des Gesprächs zwischen Merkel und Sarkozy drängen. Ursprünglich sollte sie nur eine unter vielen Fragen sein, die die beiden heute vor dem nächsten EU-Gipfel am 30. Januar erörtern wollten. Denn im Fokus sollten eigentlich andere Themen stehen, bei denen es um die Stabilität der Euro-Zone insgesamt gehen sollte. Das insbesondere von Merkel beschworene Zauberwort lautet dabei „Stabilitätsunion“ – möglichst viele Länder in der EU sollen sich dazu verpflichten, Schuldenbremsen in ihren Verfassungen zu verankern und einem quasi-automatischen Verfahren bei der Verhängung von Sanktionen gegen Defizitsünder zuzustimmen.

Allerdings liegt der Teufel im Detail. Weil Großbritannien bei einem solchen Verfahren nicht mitmachen will, müssen die „willigen“ EU-Staaten den geplanten Fiskalpakt erst einmal als zwischenstaatliche Vereinbarung und nicht als EU-Vertrag schließen. Die juristischen Schwierigkeiten, die dieses Verfahren zur Folge hat, sind am Freitag beim Treffen einer Arbeitsgruppe hoher Beamter der 27 EU-Regierungen, der EU-Kommission und Vertretern des EU-Parlaments deutlich geworden. Auch Angela Merkel und Nicolas Sarkozy wollen sich an diesem Montag mit dem Fiskalpakt befassen, der Anfang März unterschrieben werden soll.

Strittig ist unter anderem die Frage, inwieweit die EU-Staaten, die sich zum Fiskalpakt zusammenschließen, bei der Verwirklichung der „Stabilitätsunion“ auf Institutionen wie die EU-Kommission und den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zurückgreifen können, die eigentlich sämtlichen 27 EU-Staaten zur Verfügung stehen sollen. Der britische Premierminister David Cameron hat bereits davor gewarnt, dass die „Fiskalpakt“-Länder die EU-Institutionen in Anspruch nehmen. Trotz der Warnung aus London ist in dem aktuellen Vertragsentwurf aber eine entscheidende Rolle für die EU-Kommission vorgesehen: Die Brüsseler Behörde soll ermächtigt werden, Verstöße gegen den geplanten Anti-Schulden-Pakt mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zu ahnden.

Gesprächsstoff dürfte Merkel und Sarkozy zudem die Ankündigung des französischen Präsidenten liefern, notfalls im Alleingang eine Finanztransaktionssteuer einzuführen. Nach den Worten von Sarkozys Berater Henri Guaino setzt Frankreich dabei darauf, dass Paris und Berlin bei der Einführung dieser Steuer, gegen die sich die Banken vehement wehren, gemeinsam eine Vorreiterrolle einnehmen – immer vorausgesetzt, dass die übrigen EU-Staaten nicht mitziehen wollen. Allerdings wird ein derartiger Alleingang in Berlin skeptisch gesehen. Trotzdem ist man sich auch in der Bundesregierung wohl bewusst, dass die Finanztransaktionssteuer mit Großbritannien nicht zu machen ist. Deshalb hatte sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) schon Ende Oktober dafür ausgesprochen, dass immerhin die 17 Euro-Staaten die umstrittene Steuer einführen sollen.

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