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Der japanische Umweltminister Nobuteru Ishihara (rechts) und der Direktor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep), Achim Steiner, erinnern an die mehr als 1000 Opfer einer Quecksilbervergiftung in der Stadt Minamata, deren Namen die nun verabschiedete Quecksilber-Konvention trägt.

© AFP

Minamata-Konvention: UN sagen Quecksilber den Kampf an

Vier Jahre lang ist über einen globalen Umweltvertrag zur Vermeidung von Quecksilber verhandelt worden. Am Donnerstag haben knapp 100 Staaten die Konvention in Japan unterzeichnet. Sobald 30 Staaten das Umweltabkommen ratifiziert haben, tritt es in Kraft. Das könnte allerdings noch drei bis fünf Jahre dauern.

Zum ersten Mal seit fast zehn Jahren ist wieder ein globales, verbindliches Umweltabkommen verabschiedet worden. Am Donnerstag haben im japanischen Minamata knapp 100 Staaten die Quecksilber-Konvention der Vereinten Nationen unterzeichnet. Neben der Europäischen Union und Deutschland waren das auch China, Brasilien, Südafrika und Mexiko. Das Ziel der Konvention ist es, den Ausstoß von Quecksilber in die Atmosphäre beispielsweise aus Kohlekraftwerken, drastisch zu senken. Quecksilber ist ein flüssiges, giftiges Schwermetall, das je nach Konzentration auch schwere Gesundheitsschäden verursachen kann. In hoher Dosierung ist Quecksilber für Menschen tödlich. Deshalb soll mit dem Abkommen erreicht werden, dass der Quecksilberbergbau sowie der Einsatz des Metalls für industrielle Zwecke mittelfristig ausläuft. Von 2020 an soll Quecksilber nicht mehr gefördert, exportiert oder gehandelt werden. Zudem soll das existierende Quecksilber, auch das, was derzeit noch in Produkten enthalten ist, langfristig sicher gelagert werden. Aktuell liegt die Weltnachfrage nach Quecksilber allerdings noch bei rund 3600 Tonnen im Jahr. Ein Überwachungsausschuss soll die Einhaltung der Konvention regelmäßig überprüfen.

In Minamata sind Tausende Menschen mit Quecksilber vergiftet worden

Mitte des 20. Jahrhunderts sind in Minamata Tausende Menschen an einem schweren Nervenleiden erkrankt, das als Minamata-Krankheit in die Lexika einging. Sie hatten quecksilberverseuchten Fisch aus dem Meer rund um Minamata gegessen. Eine nahe liegende Fabrik des japanischen Chemiekonzerns Chisso hatte ihre quecksilberhaltigen Abwässer direkt ins Meer eingeleitet. Die Minamata-Krankheit beginnt mit Kopfschmerzen, dann kommen Gliederschmerzen dazu, es kommt zu Lähmungen, psychischen Krankheiten, Missbildungen bei Neugeborenen sowie Organ- und Nervenschäden. Viele Menschen starben an den Folgen ihrer Krankheit. Die Opfer von Minamata leiden bis heute unter den Folgen der Chemiekatastrophe der 50er Jahre. Sie wurden schwer diskriminiert und mussten sich in langwierigen Prozessen jeweils als Einzelpersonen Entschädigung erkämpfen. Mehr als 2000 Opfer wurden von der Regierung anerkannt. Von ihnen leben jedoch nur noch wenige Hundert. Tausende andere, die ebenfalls eine Entschädigung gefordert hatten, gingen leer aus. Japan habe die Verantwortung, alles zu tun, um eine führende Rolle bei der Beseitigung der Schäden durch Quecksilber in der Welt zu spielen, sagte Premierminister Shinzo Abe. Das löste bei den Opfern von Minamata nur Kopfschütteln aus.

Die größten Verschmutzer sind Goldminen und Kohlekraftwerke

Die größten Quecksilberproduzenten sind aktuell China und Kirgistan. Dort wird es weiterhin in Minen aus Quecksilbersulfid erzeugt. Deshalb ist es bemerkenswert, dass China die Konvention unterstützt. In China und Indien entsteht ein Großteil des Quecksilbers, das dann in die Natur und damit in die Nahrungskette der Menschen entlassen wird, bei der Verbrennung von Kohle in Kraftwerken. Nach Angaben des UN-Umweltprogramms Unep lässt sich ein Viertel der Quecksilberemissionen weltweit auf Kohlekraftwerke zurückführen. Werden die Kraftwerke technisch optimiert und die Filtersysteme modernisiert, könnten nach Unep-Einschätzung etwa 95 Prozent der Quecksilber-Emissionen aus der Kohleverbrennung vermieden werden. In einigen Entwicklungsländern wird Quecksilber in beträchtlichem Maß für die Gewinnung von Gold in kleingewerblichen, oft improvisierten Minen eingesetzt. Weltweit sind das im Jahr rund 1000 Tonnen, schreibt die EU-Kommission auf Basis von im EU-Auftrag erstellten Umweltstudien.

Unep-Direktor Achim Steiner sagte am Donnerstag: "Quecksilber hat schwerwiegende Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und auf die Umwelt." 2009 hatte Unep damit begonnen, ein globales Quecksilberabkommen auszuhandeln. Die Chefin der Weltgesundheitsorganisation, Margaret Chan, wurde noch deutlicher. Sie sagte: "Quecksilber bleibt über Generationen in den Ökosystemen und löst schwere Krankheiten sowie intellektuelle Beeinträchtigungen bei Menschen aus, die dem Stoff ausgesetzt sind." Bis zum Donnerstag hatten 139 Länder die Minamata-Konvention gebilligt und immerhin schon 87 Staaten haben den Umweltvertrag am ersten Tag gezeichnet. Sobald 50 Staaten das Abkommen auch ratifiziert haben, tritt es in Kraft. Nach Unep-Einschätzung dürfte das jedoch drei bis fünf Jahre dauern.

Die Europäische Union hat bereits 2011 damit aufgehört, Quecksilber zu exportieren. 2008 hatte die EU ein Exportverbot für Quecksilber beschlossen. Am Donnerstag entschied das Europäische Parlament, die Verwendung von Quecksilber und Kadmium in Batterien endgültig zu verbieten. Bis 2016 sollen diese Metalle aus Batterien und Ladegeräten verschwunden sein. Nach Angaben der EU-Kommission lag die Nachfrage nach Quecksilber im Staatenbund 2007 noch bei 320 Tonnen. Die EU war traditionell ein großer Quecksilber-Exporteur. Am langjährigen durchschnittlichen Weltmarkt von rund 3000 Tonnen Quecksilber im Jahr hatte die EU einen Anteil von 25 Prozent. Doch die größte Quecksilbermine in der EU im spanischen Almadén, wo das Metall seit der Römerzeit aus Quecksilbersulfit (Zinnober) gewonnen wurde, hat 2003 ihren Betrieb eingestellt. Seither ist der Quecksilberausstoß in der EU nach Angaben der Kommission um 60 Prozent gesunken. Der Einsatz von Quecksilber in der Chlor-Alkali-Industrie in Europa soll in den kommenden Jahren auslaufen. Die Verwendung des Materials in Thermometern, Blutdruckmessgeräten, Energiesparlampen soll in Zukunft nicht mehr erlaubt sein. mit dpa

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