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Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) schweigt zu wichtigen Fragen in der Montblanc-Affäre.

© Mike Wolff

Montblanc-Affäre: Lammerts langes Schweigen

In der Montblanc-Affäre stellen sich inzwischen Fragen von größerer politischer Dimension. Trotzdem schweigt Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) weiter hartnäckig dazu.

Von Antje Sirleschtov

Dass es Abgeordnete und/oder ihre Mitarbeiter gibt, die auf Staatskosten vergoldete Luxus-Füller bestellen, ist niemandem zu erklären. Als Beleg für die Selbstbedienungsmentalität aller Politiker taugt die Story jedoch nicht.

Was aus dem Montblanc-Affärchen eine handfeste Affäre machen könnte, ist ein ganz anderer Verdacht. Denn spätestens seit bekannt ist, dass auf der „Raffke-Liste“ („Bild“-Zeitung) keine Geringeren als Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), CDU-Fraktionschef Volker Kauder und Ex-Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) stehen, stellen sich Fragen größerer – politischer – Dimension. Warum etwa weigert sich der Parlamentspräsident seit sieben Jahren hartnäckig vor Gericht, die Namen der Einkäufer von Luxus-Schreibwaren zu nennen? Geht es ihm wirklich um den Schutz von Persönlichkeitsrechten der Parlamentarier? Oder wollte Lammert, als er 2009 mit der Liste erstmals öffentlich konfrontiert wurde, eher sich selbst und politische Freunde schützen? Der Verdacht des Amtsmissbrauchs steht auf einmal im Raum.

Es stimmt, dass die Bundestagsverwaltung Aufzeichnungen über derartige Bestellungen nach fünf Jahren vernichten kann. Würde ein an Aufklärung interessierter Amtschef diesen Mechanismus nicht von sich aus stoppen? Schließlich geht es um das Ansehen der Abgeordneten, der Politik schlechthin. Norbert Lammert hat lediglich das Bestellen von Montblanc-Utensilien ab 2010 untersagt. Sonst unternahm er nichts – auch nicht intern – zur Aufklärung? Schließlich beteuern einige Politiker, sie selbst hätten nichts von den Bestellungen gewusst. Es hätte sich also durchaus um systematische Mauschelei in der Verwaltung, in Lammerts Verantwortungsbereich also, um Betrug gar handeln können. Auf jeden Fall einen Vorgang, an dessen Aufklärung ein Amtschef interessiert sein sollte.

Lammert ist seit 2005 zweiter Mann in unserem Staat, der es peinlicherweise erst 2014 fertigbrachte, die UN-Konvention gegen Korruption zu ratifizieren. [...] Welch Wunder, dass er zu seinem schicken Füllfederhalter im Speziellen und der Selbstbedienungsmentalität seiner Kollegen im Allgemeinen lieber nicht Stellung beziehen möchte.

schreibt NutzerIn Rabattmarkensammler

Man darf annehmen, dass die Liste mit den Montblanc-Liebhabern vom zuständigen Lieferanten „bürofa“ aus Berlin stammt. Sie erreichte just das Licht der Öffentlichkeit, als die Firma nach 16 Jahren wegen mutmaßlich unsauberer Rechnungen den dicken Auftrag des Bundestages verlor. Was übrigens nicht etwa auf unermüdliches Betreiben Lammerts geschah, obwohl der davon wissen konnte, seit vor Monaten darüber berichtet wurde. Frage also: Welchen Zusammenhang gibt es zwischen einem seit Jahren offenbar sehr gut am Bundestag verdienenden Unternehmer, der brisante Informationen über die Hausspitze besitzt, und dem langen Schweigen des Präsidenten?

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