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Politik: „Muslimische Jugend“ weniger verdächtig Berliner Richter kritisieren den Verfassungsschutz

Berlin - Wenn der Verfassungsschutz Linke, Rechte oder Religiöse in seinen Berichten als extremistisch einstuft, muss er dies belegen können. Diesen Grundsatz hat das Verwaltungsgericht Berlin mit einem Urteil vom Donnerstag erneut betont.

Berlin - Wenn der Verfassungsschutz Linke, Rechte oder Religiöse in seinen Berichten als extremistisch einstuft, muss er dies belegen können. Diesen Grundsatz hat das Verwaltungsgericht Berlin mit einem Urteil vom Donnerstag erneut betont. Nach einem Rechtsstreit mit dem Verein „Muslimische Jugend in Deutschland“ (MJD) muss das Bundesamt seinen Bericht für 2009 korrigieren. Eine Passage zu einem mittlerweile eingestellten Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts gegen ein Ex-Vorstandsmitglied auf Bildung einer kriminellen Vereinigung wird geschwärzt. Dazu hatten sich Behördenvertreter bereits im Prozess bereit erklärt. Zudem müssen laut Urteil weitere Textstellen getilgt werden.

Der MJD will „den Dialog zwischen verschiedenen Religionen, Nationalitäten und Kulturen vertiefen“ und über den Islam aufklären, so steht es auf der Website im Internet. Der Mitte der 90er Jahre gegründete Verein zählt nach eigenen Angaben rund 1000 Mitglieder und erreicht mit Schulungen und Seminaren bundesweit rund 500 Jugendliche jährlich.

2009 taucht die MJD erstmals im Verfassungsschutzbericht auf: „Die in den Schulungen vermittelten Informationen erscheinen geeignet, desintegrativ zu wirken und die Teilnehmer gegen die ,westliche Gesellschaft’ zu emotionalisieren“, heißt es. Als Beleg sollen Satzteile aus einem „Schulungsleitfaden“ herhalten. Ein Teilnehmer solle nach Abschluss des Kurses „fähig sein, durch die Schönfärberei der westlichen Regierungen zu sehen, welche die tyrannischen muslimischen Herrscher unterstützen und involvieren, um muslimische Regime aktiv zu destabilisieren. Demnach sollte er die Notwendigkeit verspüren, den politischen Status quo zu verändern.“

Die fragwürdigen Zitate stammten vom Computer des früheren Vereinsvorstands, gegen den ermittelt worden war. Die Polizei hatte sie gefunden. Der Verdacht auf Straftaten bestätigte sich später nicht. Dafür nutzte der Geheimdienst das Material. Auch heißt es im Verfassungsschutzbericht weiter, die MJD empfehle Mitgliedern, sich in Fragen der islamischen Rechtsauslegung am umstrittenen European Council for Fatwa and Research (ECFR) zu orientieren.

Die Richter forderten nun Beweise statt Mutmaßungen: „Trotz entsprechender Indizien hat es die Behörde nicht vermocht, einen tatsächlichen Einsatz des Materials beim Kläger zu belegen“, urteilten sie. Gleiches gelte für die Behauptung zum ECFR. Die Kammer von Gerichtsvizepräsident Wilfried Peters wies die Klage dennoch wegen anderer Punkte teilweise ab, weil es sich um verwendetes Schulungsmaterial gehandelt habe.

Im Prozess grenzte sich die MJD-Vizevorsitzende Malika Mansouri scharf von den Zitaten ab und bestritt, dass die Texte für Schulungen genutzt worden seien. „Diese Hetzerei ist genau das, was wir vermeiden wollen. Wir sind Teil der westlichen Gesellschaft“, sagte sie. Die Beamten hätten für ihren Bericht Grundsatzpapiere des Vereins komplett ignoriert. Das Urteil sei nicht rechtskräftig, betonte das Innenministerium.

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