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In Deutschland wird über den Schweizer Umgang mit dem Steuergeheimnis diskutiert.

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Mutmaßliche Steuersünder: Schweiz veröffentlicht Namen

Seit 2010 veröffentlicht die Schweiz Namen von mutmaßlichen Steuersündern, wenn anders eine Kontaktaufnahme mit den Kontenbesitzern nicht möglich ist. In Deutschland löst die Praxis Verwunderung aus.

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Die Schweizer Steuerverwaltung veröffentlicht seit mehr als vier Jahren die Namen mutmaßlicher Steuersünder aus mehreren Ländern im Internet, darunter auch aus Deutschland. Der ungewöhnliche Schritt, der in Deutschland Verwunderung nach einem Bericht in der Schweizer "Sonntagszeitung" ausgelöst hat, wird in der Eidgenossenschaft mit den Rechten der mutmaßlichen Steuersünder begründet. „Es handelt sich nicht um Listen von Steuersündern“, sagte Patrick Teuscher, Sprecher der eidgenössischen Steuerverwaltung in Bern, dem Tagesspiegel.
Wie Teuscher weiter erklärte, werden seit 2010 Namen mutmaßlicher Steuersünder immer dann im Schweizer Bundesblatt veröffentlicht, wenn ihnen auf anderem Weg kein rechtliches Gehör bei steuerrechtlichen Amtshilfeersuchen aus anderen Staaten verschafft werden kann. Bei Amtshilfeersuchen im Fall des Verdachts der Steuerhinterziehung erfährt der Kunde über das Geldinstitut, dass ein Verfahren gegen ihn läuft und er sich rechtlich Gehör verschaffen kann. Könne der Bankkunde aber auf diesem Wege nicht ermittelt werden, bleibe nur der Weg über die Veröffentlichung im Internet, so Teuscher.
Am Wochenende hatte die Schweizer „Sonntagszeitung“ über eine entsprechende Veröffentlichung durch die eidgenössischen Behörden berichtet. Unter den Personen, deren Daten veröffentlicht wurden, befindet sich dem Bericht zufolge auch Francisco José Ortiz von Bismarck, ein Ururenkel des ersten deutschen Reichskanzlers.

SPD-Abgeordneter Poß: Veröffentlichung entspricht nicht unseren Standards

Nach den Worten des Sprechers der Berner Steuerverwaltung haben die aus aller Welt an die Schweiz gerichteten Amtshilfegesuche zur Aufklärung möglicher Steuerdelikte im vergangenen Jahr erheblich zugenommen. 2014 seien 2791 Amtshilfegesuche an die Schweiz und damit etwa doppelt so viel wie im Vorjahr gerichtet worden. Die meisten Anfragen kamen aus Kroatien, gefolgt von Frankreich, Indien und Deutschland.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Joachim Poß sagte dem Tagesspiegel, die Veröffentlichung der Namen möglicher Steuersünder entspreche „nicht unseren rechtlichen Standards“. „Es ist schon eine Ironie der Geschichte, wenn diejenigen, die über Jahrzehnte das Bankgeheimnis wie verzweifelt gewahrt haben, jetzt so weit sind, dass sie das Steuergeheimnis in Frage stellen, das bei uns zu Recht als sakrosankt gilt“, sagte Poß weiter mit Blick auf die Eidgenossenschaft. Der SPD-Politiker regte an, mit den in der Schweiz veröffentlichten Daten pragmatisch umzugehen. Hier handele es sich „Informationen, die man vergleichen kann mit den Daten, die etwa durch den Ankauf von Steuer-CDs bereits verfügbar sind“, sagte Poß.

Der CSU-Finanzexperte Hans Michelbach sagte der Zeitung, die Veröffentlichung stelle eine „Verletzung des Steuergeheimnisses“ dar. "Wenn es Verdachtsfälle gibt, so sind diese im Falle Deutschlands ausschließlich den deutschen Finanzämtern mitzuteilen“, sagte Michelbach weiter.

Lisa Paus, die Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion für Steuerpolitik, sagte dem Tagesspiegel: "Eine Veröffentlichung der Verdächtigen im Internet verstößt gegen Persönlichkeitsrechte und geht am eigentlichen Ziel des Informationsaustauschs vorbei.“ Die Schweiz will künftig ausländische Finanzämter über heimliche Konten informieren.

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