zum Hauptinhalt
Linke Gegendemonstranten stehen am Samstagabend in Leipzig an einer brennenden Barrikade bei Auseinandersetzungen mit der Polizei.

© dpa

Nach Ausschreitungen in Leipzig: Polizei gibt Politik die Schuld an der Eskalation

Was eigentlich ein Protest gegen die rechtsextreme Szene sein sollte, eskalierte zur gewalttätigen Auseinandersetzung mit der Polizei. Nach den Ereignissen von Leipzig gibt es gegenseitige Schuldzuweisungen.

Nach den gewalttätigen Ausschreitungen von Linksextremisten am Wochenende in Leipzig weisen sich Sicherheitsbehörden und Politik gegenseitig die Schuld an der Eskalation zu. Während die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) in Sachsen die Politik für die Krawalle mitverantwortlich gemacht, kritisiert Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) die Arbeit des Verfassungsschutzes.

DPolG-Vorsitzende Cathleen Martin sagte am Montag in Dresden, eine „träge Gesetzgebung“ lasse es zu, dass derartige Demonstrationen an „solchen politischen Brennpunkten“ zugelassen würden. Der Protest der Linksautonomen sei nicht in erster Linie gegen die Rechtsextremisten, sondern gezielt gegen die Polizei gerichtet gewesen. Dies hätte jedem klar sein müssen, „der sich ein wenig mit der Struktur“ beschäftigt hat, sagte Martin.

Am Samstag hatten rund 2.000 Menschen gegen einen Aufzug von rund 150 Anhängern der rechtsextremen Szene protestiert. Bei gewalttätigen Krawallen am Rande der Demonstrationen wurden 69 Beamte verletzt und 50 Dienstfahrzeuge beschädigt. Im Leipziger Süden, der als ein traditionell linkes Quartier bekannt ist, brannten Barrikaden und flogen Pflastersteine. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas ein. Sie nahm nach eigenen Angaben 23 Menschen vorübergehend in Gewahrsam. Es seien 1000 vermummte Gewalttäter beteiligt gewesen, hieß es bei der Polizei.

Oberbürgermeister Jung richtete Kritik an die Adresse des Verfassungsschutzes. Was sich im Untergrund organisiere und "systemfeindlich und kriminell gewalttätig agiert", müsse durch den Staatsschutz beobachtet werden, sagte Jung im Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Es habe aber im Vorfeld keine entsprechenden Informationen gegeben. Jung forderte, es müsse mit den zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen Mitteln und "mit aller Härte" gegen solche Gewalttäter vorgegangen werden. "Und das passiert nicht", sagte er. Jung kritisierte, dass solche Ausschreitungen friedliche Demonstranten davon abhielten, an Kundgebungen gegen Fremdenfeindlichkeit teilzunehmen. Zudem würden Anhänger der fremdenfeindlichen Pegida- und Legida-Bewegung in ihren Vorurteilen bekräftigt, dass der Staat nicht gegen Kriminelle vorgehe.

Insgesamt waren zehn Demonstrationen gegen einen Aufmarsch der Rechtextremen in Leipzig angemeldet. Acht davon blieben laut Polizei auch friedlich, wurden aber von den Krawallen überlagert.

Der Dresdner Politikwissenschaftler Werner Patzelt griff am Montag den Leipziger OB scharf an. Dieser habe sich im Nachhinein erstaunt über die Gewalt gezeigt, „obwohl in seiner Stadt derlei Übergriffe immer wieder vorkommen“, sagte Patzelt der Zeitung „Die Welt“. Solange es um die Abwehr der „Legida“-Bewegung gegangen sei, schien Jung „Gewalt gegen rechts billigend in Kauf“ genommen zu haben, sagte Patzelt weiter. Nun zeige er sich bestürzt, „obwohl sich im Grunde nichts Neues ereignet hat“.(epd/AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false