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Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) zeigt am 09.12.2015 in Berlin den neuen Flüchtlingsausweis neben dem Leiter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Frank-Jürgen Weise.

© dpa

Nach der Kritik der Länder am Bamf: Ankunftsnachweis für Flüchtlinge soll Bürokratie entlasten

Nach der Kritik an schleppender Asylbearbeitung durch das Bamf soll ein Flüchtlingsausweis Besserung bringen. Worum es Thomas de Maizière und Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise geht.

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Die Bundesregierung will Flüchtlinge in Zukunft mit einem Ausweis registrieren und ihre Daten allen betroffenen Ämtern zugänglich machen. Dazu sollen die IT-Systeme von Polizei, Arbeitsämtern und Ausländerbehörden mit Schnittstellen versehen und sogenannte „Ankunftsnachweise“ an alle Flüchtlinge ausgegeben werden. Die Nachweise sehen aus wie faltbare Personalausweise, tragen Fotos der Flüchtlinge und deren Daten. Im Hintergrund sollen Personen-, Berufs- und Asyldaten gespeichert werden. Auch Angaben zur Religion sollen erfasst werden. Von dem vom Kabinett am Mittwoch verabschiedeten „Datenaustausch-Verbesserungsgesetz“ erwartet Innenminister Thomas de Maizière (CDU), dass die Asylverfahren „gesteuert und geordnet“ werden. Für die Flüchtlinge bedeutet das: „Ohne Ausweis keine Leistungen und kein Asylverfahren.“

Eines der größten Hindernisse bei der Registrierung von Flüchtlingen, deren Unterbringung und Versorgung mit Leistungen, Integrationskursen oder Jobs liegt bisher darin, dass ihre Daten mehrfach erhoben werden müssen und keine bundesweite Übersicht darüber existiert, wer sich wo aufhält. Der Grund: Die IT-Systeme der befassten Behörden sind nicht miteinander vernetzt. Das soll nun anders werden. Noch im Dezember beginnend sollen Ämter und Polizei mit technischem Gerät versorgt werden, für das der Bund 35 Millionen Euro veranschlagt hat. Noch einmal rund 30 Millionen Euro sollen für Software ausgegeben werden.

Ab Mitte Februar würden die ersten Ausweise ausgegeben, sagte der Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Frank-Jürgen Weise. Für den Innenminister ist das zwar ein „sehr ehrgeiziges Verfahren“. Wenn die Flüchtlinge Ausweise hätten, würde das die Arbeit der Behörden später jedoch beschleunigen. Bereits Mitte 2016, also in gut sechs Monaten, sollen die rund eine Million Flüchtlinge, die in diesem Jahr nach Deutschland gekommen sind, Ausweise haben. Innenminister und Bamf-Chef versprechen sich von den Ausweisen und der IT-Vernetzung eine Beschleunigung der Registrierungs- und Asylverfahren.

Länder und Bund sollten aufeinander zugehen

Zum Stand der Abarbeitung der Verfahren im Bundesamt sagte dessen Chef, die Lage sei zwar „objektiv nicht gut“. Während in den vergangenen Monaten die Zahl der täglich bearbeiteten Anträge „deutlich gestiegen“ sei, habe die große Zahl neuer Antragsteller diesen Erfolg aber wieder zunichtegemacht. Derzeit sind rund 300 000 Fälle unbearbeitet. Weise sagte am Mittwoch, er habe der Bundesregierung im Oktober ein Programm vorgelegt, das am Ende zu einem zügigen Verfahren bei der Antragsbearbeitung und Integration von Flüchtlingen führen soll und nun „kontinuierlich“ abgearbeitet werde. Dazu gehörten unter anderem die Verbesserung der internen Arbeitsprozesse des Bamf und der weitere Personalzuwachs der Nürnberger Behörde. Bis Ende 2016 sollen rund 7300 Mitarbeiter die Anträge bearbeiten. Zu der zuletzt immer heftiger werdenden Kritik der Länder an der Arbeit des Bamf sagte der Innenminister, er halte sich mit Kritik an den Ländern zurück und erwarte das auch von denen, „Schwarze-Peter-Spiele“ brächten nichts.

Der neue Bamf-Chef Weise, der auch der Kopf der Bundesanstalt für Arbeit (BA) ist, sprach von „gegenseitiger Belastung“, seit er, der Manager, auf die Mitarbeiter der Behörde Bamf gestoßen ist. Der Umbauprozess verlange beiden Seiten – ihm als Chef und den Mitarbeitern – viel ab, weil es keine Zeit zur Diskussion von Konzepten gebe. Das führe natürlich zu Verständnisproblemen. Aber „langsam gewinnen alle Seiten Vertrauen“. Ausdrücklich nahm Weise die Mitarbeiter des Bamf vor Kritik in Schutz, es werde nicht effektiv gearbeitet. Die Beamten arbeiteten „hart“ und hätten „eigentlich Anspruch darauf, dass man ihnen gute Rahmenbedingungen schafft“.

Finanzminister fahren auf Sicht

Derweil müssen die Finanzminister von Bund und Ländern haushaltspolitisch 2016 wegen der unklaren Entwicklung in der Flüchtlingspolitik auf Sicht fahren. Nach einer Sitzung des Stabilitätsrats, einem Bund-Länder-Gremium zur Haushaltskontrolle, sagte der hessische Ressortchef Thomas Schäfer (CDU): „Die aktuelle Lage ist gut, die Prognoserisiken haben aber zugenommen.“ Während die Minister für 2015 einen gesamtstaatlichen Überschuss von 0,75 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erwarten (das wären etwa 22 Milliarden Euro), gehen sie für das kommende Jahr nur noch von einem „annähernd ausgeglichenen Staatshaushalt“ aus –<TH>was ein leichtes Defizit nicht ausschließt. Die Flüchtlingskosten schlagen hier zu Buche; der Wissenschaftler-Beirat der Finanzminister geht davon aus, dass in diesem Jahr Mehrkosten von etwa sieben Milliarden Euro entstehen und im kommenden Jahr von rund 15 Milliarden Euro. Doch sind Wolfgang Schäuble und seine Kollegen zuversichtlich, dass „aus derzeitiger Sicht die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen und Asylbewerbern zu bewältigen“ seien.

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