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Politik: Nach Flugzeug-Kollision: Erster Kontakt

Der Ton zwischen Washington und Peking gewinnt an Schärfe. Chinas Staats- und Parteichef Jiang Zemin forderte die USA auf, die "volle Verantwortung" für den Zusammenstoß zweier Militärmaschinen über dem Südchinesischen Meer zu übernehmen.

Der Ton zwischen Washington und Peking gewinnt an Schärfe. Chinas Staats- und Parteichef Jiang Zemin forderte die USA auf, die "volle Verantwortung" für den Zusammenstoß zweier Militärmaschinen über dem Südchinesischen Meer zu übernehmen. Ein Sprecher des Außenministeriums verlangte eine formale Entschuldigung der USA "bei der chinesischen Regierung und beim chinesischen Volk" für den militärischen Zwischenfall, bei dem am Sonntag ein chinesischer Kampfjet abstürzt und ein US-Spionageflugzeug in China notlanden musste. Peking erlaubte US-Diplomaten Zugang zu der Flugzeugcrew, ließ aber offen, wann die US-Soldaten aus China ausreisen dürfen.

"In Verletzung internationaler Gesetze und Gepflogenheit ist das US-Flugzeug in unser Flugzeug gerammt, hat Chinas Lufthoheit verletzt und ist auf unserem Flughafen gelandet", sagte Jiang Zemin nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua. "Wir können nicht verstehen, warum die Vereinigten Staaten ihre Flugzeuge für Überwachungsflüge so oft in Gebiete nahe zu China schicken", sagte Jiang und forderte eine Einschränkung der Spionageflüge der USA.

Es war der erste öffentliche Kommentar des chinesischen Staatsführers zu dem militärischen Zwischenfall, bei dem ein US-Spionageflugzeug mit einem chinesischen Kampfjet im internationalen Luftraum zusammenprallte. Die 24-köpfige US-Besatzung und das beschädigte Flugzeug sind seit Sonntag auf einem Militärflugzeug auf der südchinesischen Insel Hainan in chinesischem Gewahrsam. US-Präsident George W. Bush hatte am Montag das Vorgehen der Pekinger Regierung, die den Kontakt zu den US-Soldaten zunächst verhinderte, scharf kritisiert. Washington macht die chinesischen Piloten der Abfangjäger für den Zusammenprall verantwortlich.

Der Sprecher des Pekinger Außenministeriums, Zhu Bangzao, erklärte, dass der Zwischenfall zwar im internationalen Luftraum stattgefunden hätte, durch die Nähe zu China hätte das US-Flugzeug jedoch die Interessen der Volksrepublik "gravierend verletzt". Die US-Crew hätte vor der Notlandung in China per Funk um Erlaubnis bitten müssen.

Peking ließ am Dienstag nach Informationen aus amerikanischen Regierungskreisen erstmals US-Diplomaten zu den festgehaltenen Soldaten. Die Unterredung fand nach einem Gespräch zwischen den Diplomaten und chinesischen Regierungsbeamten statt. Die vier Gesandten, darunter zwei Militärattaches, waren zuvor von Peking nach Haikou geflogen, der Hauptstadt der Insel Hainan. Washington sei zuversichtlich, den Zwischenfall "mit diplomatischen Mitteln" zu regeln, hieß es. Eine Entschuldigung der US-Regierung wurde jedoch abgelehnt.

Chinas Staatsmedien berichteten ausführlich über die Suche nach dem Piloten des abgestürzten chinesischen Kampfjets, der bisher nicht gefunden wurde. Der Zusammenstoß hat in China eine Welle des Anti-Amerikanismus und des Nationalismus ausgelöst. In Hongkong forderten Demonstranten eine offizielle Entschuldigung der USA.

Unklar ist, ob die Chinesen das mit geheimen Spionagegeräten ausgerüstete Flugzeug vom Typ EP-3 durchsuchten. Der letzten Funkmeldung der Besatzung zufolge sollen chinesische Soldaten in das Flugzeug eingedrungen sein. Peking habe "das Recht, eine Untersuchung durchzuführen", erklärte der Außenamtssprecher.

Harald Maass

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