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Das algerisches Gasfeld "In Anemas", wo die Regierung am Samstag ein Geiseldrama blutig durch Militär beendet hat.

© dpa

Nach Geiseldrama in Algerien: Terrorgruppe kündigt neue Angriffe an

Während der umstrittene Militäreinsatz gegen die islamistischen Geiselnehmer von der algerischen Regierung als "professionell" verteidigt, droht die Islamistengruppe mit weiteren Angriffen - vor allem gegen Frankreich.

Nach der blutig beendeten Geiselnahme auf einem Gasfeld in Algerien hat die Islamistengruppe unter der Führung des Algeriers Mokhtar Belmokhtar erneut weitere Angriffe, insbesondere gegen Frankreich, angedroht. Das Frankreich „der Kreuzfahrer und der zionistischen Juden wird für seine Aggression gegen die Muslime im Norden Malis bezahlen; aber nicht allein, auch seine Knechte“, wurde der Sprecher der Gruppierung Al-Mulathamin („Die mit Blut unterzeichnen“) am Montagabend von der französischen Wochenzeitschrift „Paris-Match“ zitiert. Der Sprecher, der sich Joulaybib nennt und eigentlich Hacen Ould Khalil heißt, sagte dem Bericht zufolge über die Geiselnahme in Algerien, sie sei „zu 90 Prozent ein Erfolg“ gewesen, „weil wir mit nur 40 Mann einen strategischen Standort, der von 800 Soldaten bewacht wurde, treffen konnten“. Dieser „Angriff von In Aménas war nur der Anfang“, sagte der Sprecher laut „Paris-Match“. Die algerische Regierung hat überdies den umstrittenen Militäreinsatz gegen die islamistischen Geiselnehmer in der Sahara als „professionell“ verteidigt und eine neue Bilanz vorgelegt. Nach Angaben von Ministerpräsident Abdelmalek Sellal, der sich erstmals nach dem Drama zu Wort meldete, wurden bei der Terrorattacke auf das Gasfeld und bei dem nachfolgenden Militäreinsatz mindestens 37 ausländische Geiseln getötet, fünf werden noch vermisst. Zudem gebe es mindestens ein algerisches Opfer. Die offiziellen Angaben Algeriens, an dem der arabische Frühling spurlos vorbeiging, erwiesen sich freilich in den letzten Tagen als nicht sehr zuverlässig.

Andere Quellen schätzten die Zahl der toten Geiseln höher ein. Nach Angaben ausländischer Regierungen werden noch wenigstens 20 Ausländer vermisst. Zeugenaussagen legen nahe, dass auch etliche algerische Gasfeld-Arbeiter ihr Leben verloren. Zu den ausländischen Opfern gehören Arbeiter aus den USA, Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Japan, Malaysia, Philippinen und Rumänien. Im Ausland war der Sturmangriff des Militärs kritisiert worden, obwohl sich die Regierungen offiziell mit Tadel zurückhielten. Zudem sorgte die lückenhafte Informationspolitik Algeriens für Ärger. Algerien ist als Gaslieferant ein wichtiger Verbündeter des Westens.

Die viertägige Geiselnahme auf dem Gasfeld der britischen BP und der norwegischen Statoil war am Samstag von der Armee mit einem massiven Militäreinsatz beendet worden. Dabei waren alle Kidnapper und auch die letzten sieben Geiseln umgekommen. Zuvor waren bei einem Luftangriff der Armee auf mehrere Fahrzeuge mit Geiseln viele Menschen getötet worden. Zu den Forderungen der Geiselnehmer gehörte, die algerische Regierung müsse Frankreich den Überflug algerischen Territoriums für Einsätze im benachbarten Mali im Süden verweigern.

Premier Sellal lobte den Einsatz der algerischen Armee, die Schlimmeres verhütet hätte. Die Terroristen „wollten das Gasfeld in die Luft jagen“. Einige Geiseln seien von den Islamisten mit Kopfschüssen hingerichtet worden. Viele andere sind jedoch offenbar im Trommelfeuer der Armee gestorben. Viele Leichen sollen bis zur Unkenntlichkeit verstellt sein. Mehrere Staaten schickten Experten, um bei der Identifizierung zu helfen. Insgesamt 29 islamistische Terroristen seien „neutralisiert“ worden, sagte Sellal. Drei weitere habe man lebend gefasst.

Die Kidnapper der Al-Qaida-Gruppe „Bataillon des Blutes“ stammten aus den nordafrikanischen Ländern Algerien, Ägypten, Mali, Niger, Mauretanien und Tunesien. Auch sei ein Extremist aus Kanada identifiziert worden. Inoffiziellen Berichten zufolge konnten einige Terroristen flüchten – möglicherweise sogar mit Geiseln. Die Terrorgruppe sei aus Mali gekommen und habe den Anschlag gut geplant, hieß es. Nach Zeugenaussagen kannten sich die Angreifer, die nach Zeugenaussagen zum Teil Militäruniformen trugen, auf dem riesigen Gasfeld gut aus. Sie sollen Pläne von den Ausländerunterkünften gehabt haben.

Der oberste Befehlshaber des Kommandos, der Algerier Mokhtar Belmokhtar, drohte in einem Bekennervideo mit weiteren Terrorangriffen. Auch erneuerte Belmokhtar die Forderung, die von Frankreich angeführte militärische Operation in Nordmali gegen die radikalen Islamisten zu stoppen. „Wir versprechen weitere Einsätze in allen Ländern, die an dem Kreuzzug gegen Nordmali teilnehmen.“ (mit dpa)

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