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Thorbjörn Jagland, Vorsitzender des Komitees für den Friedensnobelpreis, ist abgesetzt worden.

© AFP

Nach Rechtsruck in Norwegen: Friedensnobelpreis: Vorsitzender des Komitees abgesetzt

Thorbjörn Jagland, Vorsitzender des Friedensnobelpreis-Komitees, ist in einem beispiellosen Vorgang abgesetzt worden. Er galt seit der Auszeichnung von Obama und des chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo als umstritten. Hintergrund ist der Rechtsruck im norwegischen Parlament.

In einem beispiellosen Schritt ist der Vorsitzende des Friedensnobelpreiskomitees, Thorbjörn Jagland, von seinem Posten abgesetzt worden. Das wurde am Dienstag bei einer Sitzung des Gremiums in Oslo beschlossen. Jagland hat nun den Rang eines einfachen Mitglieds im Nobelkomitee inne. Er galt seit der Auszeichnung von US-Präsident Barack Obama mit dem Friedensnobelpreis im Jahr 2009 als umstritten.
Das Komitee nannte am Dienstag keine Begründung für den Schritt. Eine derartige Degradierung hat es in der mehr als hundertjährigen Geschichte des Preises noch nicht gegeben. Jagland hatte den Posten des Vorsitzenden seit 2009 inne und eine Wiederwahl angestrebt. Die Entscheidung vom Dienstag kommentierte Jagland im Sender NRK mit den Worten, er müsse sich dieser "beugen".
Nachfolgerin wird seine bisherige Stellvertreterin Kaci Kullmann Five. Diese wollte sich bei einer Pressekonferenz nicht zu den Gründen äußern, warum Jagland nicht erneut zum Vorsitzenden gewählt wurde. Sie erklärte lediglich, es habe "breite Übereinstimmung innerhalb des Komitees" gegeben, dass "Jagland sechs Jahre lang ein guter Vorsitzender gewesen" sei.

Die Beziehungen zwischen Norwegen und China sind schwer gestört

Die Entscheidungen des Nobelkomitees unter Jaglands Vorsitz hatten sowohl bei Kommentatoren als auch bei früheren Nobelpreisträgern Kritik ausgelöst. Umstritten war gleich zu Beginn von Jaglands Amtszeit die Auszeichnung Obamas, der gerade erst Präsident geworden und in zwei Kriege in Afghanistan und im Irak verstrickt war.
Ein Jahr später führte die Auszeichnung des chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo zu Streit zwischen China und Norwegen - die Beziehungen beider Länder liegen seither praktisch auf Eis. 2012 sorgte die Preisverleihung an die Europäische Union für Kritik, unter anderem weil sich die Staatengemeinschaft zu diesem Zeitpunkt in einer der schwersten politischen und wirtschaftlichen Krisen ihrer Geschichte befand. In der Kritik stand Jagland auch wegen seiner zusätzlichen Funktion als Generalsekretär des Europarats.
Die Entscheidung, Jagland vom Amt des Komiteevorsitzenden abzusetzen, warf am Dienstag die Frage auf, ob das Nobelkomitee künftig stärker politisch geprägt sein könnte. Die Mitglieder werden vom norwegischen Parlament bestimmt, betonen aber ihre Unabhängigkeit. Im Parlament in Oslo hatte es 2013 einen Rechtsruck gegeben. Die Mehrheit der Mitglieder im derzeitigen Nobelkomitee wurden von rechtsgerichteten Parteien benannt. Während Jagland in der Vergangenheit Ministerpräsident und Minister der Arbeiterpartei war, hatte Kullman Five den Vorsitz der konservativen Partei inne. (AFP)

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