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Kampfmittelbeseitigung. Das Nationale Waffenregister soll es leichter machen, alle Waffen in Deutschland zu erfassen. Foto: dpa

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Nationales Waffenregister: Information zwecks Prävention

Konsequenz aus Amokläufen: Das Nationale Waffenregister nimmt Gestalt an

Als am 6. April in Hamburg ein Student seiner früheren Lebensgefährtin in den Kopf schoss und ihren Bruder tötete, war dies die von der Öffentlichkeit weitestgehend unbemerkte Bewährungsprobe für das Waffenregister der Hansestadt. Noch während die ersten Einsatzfahrzeuge der Polizei zum Tatort rasten, konnte die Einsatzleitung die Beamten vor den drei auf den Täter angemeldeten Waffen warnen.

Als Folge des Amoklaufs von Winnenden wurde die von 2014 auf 2012 vorgezogene Einführung eines Nationalen Waffenregisters (NWR) beschlossen. Was einfach klingt, ist tatsächlich ein Quantensprung beim Vollzug des Waffengesetzes: „Man muss es sich ungefähr so vorstellen, dass wir zwar über Jahrzehnte regionale Kraftfahrzeugämter und den TÜV hatten, aber kein Flensburg“, berichtet ein Insider, der ungenannt bleiben möchte. Die einfache Abfrage einer Seriennummer durch Polizeibehörden, etwa bei aufgefundenen Waffen, war bisher ebenso wenig möglich wie die Rückverfolgung von Waffen bei Ermittlungen. Selbst bei einer einfachen Personenüberprüfung in Stuttgart konnte bisher nicht festgestellt werden, ob ein Verdächtiger nicht in Berlin ein totales Waffenverbot erhalten hatte. Wenn also nun das NWR die ersten Arbeitsschritte unternimmt und die insgesamt 577 quer über die Republik verteilten Waffenrechtsbehörden vernetzt werden, bedeutet dies in erster Linie, dass die Fehler von knapp 40 Jahren aufgearbeitet werden, die bei den Amoktaten von Winnenden und Erfurt die Taten wesentlich begünstigten.

Das Vorhaben bedeutet eine Menge Arbeit: Allein das Handbuch für den Dateistandard „XWaffe“ umfasst 553 Seiten. 2500 Sachbearbeiter werden erstmals miteinander vernetzt. Von Sportwaffen über Betäubungsgewehre von Tierärzten bis zu historischen Jagdwaffen in Museen werden mehr als sechs Millionen Waffen in 113 unterschiedlichen Typen katalogisiert. Joachim Sturm, Projektleiter im Bundesministerium des Innern, geht von schätzungsweise 845 000 „Geschäftsvorgängen“ jährlich aus: vom Umzug eines Sportschützen über die Erstanmeldung eines Jägers bis hin zu Waffenverboten im Einzelfall. Im Rahmen der Initiative „Deutschland online“ steuern Bundesministerium des Innern und das Innenministerium Baden-Württembergs die vielschichtigen Aufgaben bis hin zur Vernetzung von Bund, Ländern und Kommunen und haben damit die technische Leitung. Organisatorisch wird die zentrale Datenbank das Waffenregisters in Köln beim Bundesverwaltungsamt geführt. Den Vorsitz hat Hamburg.

Denn schon 2003 hat die Dienststelle Zentrale Waffenangelegenheiten der Polizei Hamburg die elektronische Waffennachweisdatei Wanda als Modellversuch gestartet. Aufgrund dieser Erfahrungen wurde Hamburg unter anderem die Aufgabe einer fachlichen Leitstelle übertragen, einer Art „Hotline“ für die Waffenbehörden. Niels Heinrich von der Polizei Hamburg: „Wir bilden erstmals ein Netzwerk, sprechen so eine einheitliche Sprache und werden von unnötiger und teurer Arbeit entlastet. Wichtige Informationen stehen rund um die Uhr zur Verfügung, und viele kriminalpolizeiliche Ermittlungen werden so erstmals möglich.“

Zudem könnten so Waffenbesitzer beispielsweise über Rückrufaktionen der Hersteller informiert und damit gefährliche Unfälle vermieden werden – wie es etwa bei Autos seit Jahren Normalität ist. Auch können so Polizeibehörden in Verdachtsfällen schnell prüfen, ob jemand Waffenbesitzer ist und zur Gefahrenabwehr einen Sofortvollzug anordnen.

In Hamburg hätte so die Tat vom April mit zwei Toten verhindert werden können. Der Schütze hatte am Vortag bereits zwei Geiseln genommen und auf den bevorstehenden Selbstmord hingewiesen, doch gingen seine Opfer erst am Folgetag zur Polizei, um Anzeige zu erstatten. Während sie noch ihre Aussagen machten, fielen die tödlichen Schüsse.

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