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Politik: Neue Debatte um Organspenden Minister Rösler gegen Widerspruchsregelung

Berlin - Die Nierenspende von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier für seine Frau hat die Debatte über die geringe Bereitschaft der Deutschen zur Organspende neu entfacht. Allerdings ist sich die Koalition uneins über das weitere Vorgehen.

Berlin - Die Nierenspende von SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier für seine Frau hat die Debatte über die geringe Bereitschaft der Deutschen zur Organspende neu entfacht. Allerdings ist sich die Koalition uneins über das weitere Vorgehen. Der Obmann der Unionsfraktion im Gesundheitsausschuss, Rolf Koschorrek (CDU), kündigte an, für die sogenannte Widerspruchsregelung zu kämpfen. Ärzte könnten Hirntoten dann jederzeit die Organe entnehmen, wenn die Betroffenen dem zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen haben.

Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und die Ärztekammer dagegen lehnen den Vorstoß ab. Und auch der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, hält ihn für zu weitgehend. Allerdings forderte der CDU-Politiker im Gespräch mit dem Tagesspiegel, „dass man jeden Erwachsenen mindestens einmal im Leben mit dem Thema konfrontieren muss“. Ein guter Zeitpunkt dafür wäre aus seiner Sicht der Führerscheinerwerb. Im Idealfall könne die Bereitschaft zur Organspende dann gleich auf diesem Dokument vermerkt werden.

Die Bereitschaft zur Organspende dürfe nicht verordnet werden, sagte Rösler der „Welt am Sonntag“. Schon wenn man verlange, dass sich jeder auf seiner Versichertenkarte für oder gegen die Organspende entscheiden müsse, baue man „emotionale Hürden“ auf. Auch die Bundesärztekammer ist vorsichtig. Schon die Debatte um eine Widerspruchsregelung verstärke bestehende Ressentiments. „Sie macht mehr kaputt, als sie an Nutzen bringt“, sagte Vizepräsident Frank-Ulrich Montgomery dem Tagesspiegel. Zudem habe jeder Mensch auch das Recht, sich mit seinem Lebensende nicht zu befassen.

Rösler wandte sich auch strikt dagegen, Patienten mit Spenderausweis auf den Wartelisten für Transplantationen zu bevorzugen. Die Verteilung richte sich europaweit „auschließlich nach medizinisch- ethischen Kriterien“, sagte er. „Davon sollte nicht abgewichen werden.“

Transplantationsmediziner plädieren seit längerem für eine Widerspruchsregelung. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft sieht darin „die sinnvollste und einfachste Maßnahme, um den Menschen zu helfen, die auf ein Spenderorgan warten“. Rösler allerdings verwies darauf, dass es in Österreich bereits ein ähnliches Prinzip gebe, die Zahl der Spender dort aber geringer sei als in Mecklenburg-Vorpommern. Entscheidend sei es, den Ablauf der Organspenden zu verbessern. So müsse es in den Kliniken dafür mehr Verantwortliche geben. Seit kurzem erhalte jedes Haus für eine entsprechende Koordinatorenstelle 800 Euro im Monat.

In Deutschland warten derzeit 12 000 Menschen auf ein Organ. Die Zahl der Spender stieg 2009 zwar auf 1217. Doch noch immer haben nur elf Prozent der Bundesbürger einen Spenderausweis. Und laut Statistik sterben jeden Tag drei Patienten, die man mit einem neuen Organ hätte retten können. Rainer Woratschka

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