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Europawahl: Nicht alle Europapolitiker sind oft in Straßburg

Billigere Handygespräche im Ausland, neue Rechte für Bahnkunden, geänderte Verpackungsgrößen für Lebensmittel im Supermarkt – die Liste der vom Europaparlament beschlossenen Regelungen ist lang. Das Problem ist aber, dass das Tun und Lassen der Europaabgeordneten abseits von Brüssel und Straßburg kaum wahrgenommen wird.

Gut drei Wochen vor der Europawahl steigt aber immerhin die Zahl der Angebote im Internet, mit denen man sich über Parteiprogramme und die Arbeit der Europaabgeordneten informieren kann. So stellte eine Gruppe von Forschern zu Beginn der Woche in Brüssel ihr Projekt (www.votewatch.eu) vor, das dem Abstimmungsverhalten der EU-Abgeordneten auf die Spur kommen will. Nach den von den Experten verwendeten Daten bewiesen die österreichischen EU-Abgeordneten im Europaparlament mehr Sitzfleisch als alle anderen: Ihre Anwesenheitsquote liegt bei 92,7 Prozent. Abgeordnete aus Italien fehlten dagegen am häufigsten – im Schnitt sind nur 71,9 Prozent von ihnen im Plenum anwesend.

Die deutschen Abgeordneten sind den Zahlen zufolge in puncto Anwesenheit nur Mittelmaß – sie belegen mit einer Quote von 87,8 Prozent den zehnten von 27 Plätzen. Sara Hagemann vom Brüsseler Think Tank „European Policy Centre“, die das „Votewatch“-Projekt leitet, geht es darum, die Arbeit des Europaparlaments transparenter zu machen. Die Forscher räumen allerdings auch ein, dass sich die Arbeit von Europaabgeordneten nicht allein an der Anwesenheit im Plenum und in Ausschüssen messen lässt.

Aufschlussreich ist die Aufstellung trotzdem; so lässt sich für jeden Abgeordneten unter anderem abfragen, wie oft er oder sie gegen die eigene Fraktion gestimmt hat und wie häufig das nationale Interesse im Vordergrund stand. Dass die Interessen des Heimatlandes wichtiger werden können als die Parteilinie, zeigt sich beispielsweise, wenn estnische Europaabgeordnete fraktionsübergreifend eine besonders Russland-kritische Resolution fordern oder maltesische Parlamentarier mit Blick auf die heimische Tourismusindustrie gegen eine Kerosinsteuer stimmen. Sara Hagemann hat aber festgestellt, dass EU-Abgeordnete seit Jahren zunehmend dem Fraktionsinteresse gehorchen.

Untätig sind die Europaabgeordneten jedenfalls nicht. Nimmt man die Zahl der Plenartagungen als Maßstab, so braucht das Straßburger Parlament den Vergleich mit Berlin nicht zu scheuen: Nach den Angaben des Bundestages und des Freiburger „Centrums für Europäische Politik“ kamen EU-Parlament und Bundestag im vergangenen Jahr auf dieselbe Zahl von Plenarsitzungen – nämlich 63.

Wahlprogramme der Parteien

zur Europawahl: www.cep.eu/

analysen-zur-eu-politik/

europawahl2009/wahlprogramme/

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