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Beate Zschäpe während des NSU-Prozesses in München.

© dpa

NSU-Prozess / 186. Tag: Beate Zschäpe - „Eine ganz normale Hausfrau“

Im NSU-Prozess sagt eine frühere Nachbarin von Beate Zschäpe aus. Sie beschreibt die Angeklagte als gute Zuhörerin – die von sich selbst nur wenig preisgibt.

Eigentlich sollte Gordian Meyer-Plath, Präsident des sächsischen Verfassungsschutzes, an diesem Tag im NSU-Prozess als Zeuge gehört werden. Die Besucherplätze im Saal A101 des Oberlandesgericht München sind gut gefüllt. Doch Meyer-Plath muss dem Gericht an diesem 186. Verhandlungstag nicht Rede und Antwort stehen. Beate Zschäpe ist krank. Nach der Mittagspause unterbricht Richter Manfred Götzl die Hauptverhandlung. Nun soll Meyer-Plath am Mittwoch kommender Woche aussagen.

So ist Zschäpes frühere Nachbarin, Gabriele S., an diesem Tag die einzige Zeugin. Drei Jahre lang, von 2005 bis 2008, haben die 46-jährige Altenpflegerin und die mutmaßliche NSU-Terroristin im selben Haus in der Polenzstraße in Zwickau gewohnt. Die beiden Frauen haben sich regelmäßig mit einer weiteren Nachbarin, Heike K., getroffen und „ab und zu ein bisschen gefeiert“, wie es die Zeugin formuliert. „Sie war eine ganz normale Hausfrau“, sagt Gabriele S. über Zschäpe, die auffallend blass wenige Meter neben ihr auf der Anklagebank sitzt.

Gabriele S. nannte Zschäpe Lisa, wie alle im Haus. Niemand kannte ihren richtigen Namen. Auch sonst wussten die Frauen nicht viel über Zschäpe. „Sie war eine sehr gute Zuhörerin“, sagt Gabriele S. Nur von sich selbst habe Zschäpe wenig erzählt. Und das, was Zschäpe ihren Nachbarinnen erzählte, war gelogen. „Lisa sagte, ihr Schwiegervater hätte eine Firma, da müsste sie nicht arbeiten. Der würde ihnen Geld geben“, sagt Gabriele S. Einmal, es soll 2006 gewesen sein, habe sie ein Wohnmobil und zwei Männer gesehen. Zschäpe habe ihr erklärt: Ihr Lebensgefährte müsse auf Montage und nehme einen Kollegen mit. „Ich bin davon ausgegangen, dass sie nur mit einem Mann in der Wohnung lebt, weil sie immer nur von einem erzählt hat", sagte Gabriele S.

Gabriele S. mochte Zschäpe. „Man hat sich gerne mit ihr unterhalten. Sie war eine angenehme Person“, sagt sie. Zschäpe alias Lisa sein „sehr freundlich“ gewesen und „sehr offen auf andere Menschen zugegangen“.

Auch als Zschäpe 2008 von der Polenz- in die Frühlingsstraße zog, hielt sie den Kontakt zu Gabriele S. und Heike K. Sie sei dann mit dem Fahrrad zu ihnen gekommen, sagt die Altenpflegerin am Dienstag. Manchmal habe sie dann gesagt: „Ich kann heute länger bleiben, die Jungs haben Männerabend.“ Männerabend? Mit den Jungs könnten Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gemeint sein. Wollten die beiden ungestört sein? Aus welchem Grund? Gabriele S. weiß es nicht.

Gabriele S. erinnert sich daran, dass Zschäpe ein paar Wochen vor dem Auffliegen des NSU im November 2011 sehr gestresst gewirkt haben. „Sie wirkte sehr angespannt und hat auch mehr getrunken als sonst. Sie wirkte wie unter Stress, die Lisa. Das war so circa 14 Tage, bevor das Haus in die Luft flog. Da habe ich nachgefragt. Es wäre alles in Ordnung, sagte sie.“

Richter Götzl fragt nach Zschäpes Alkoholkonsum in dieser Zeit. „Whisky, Wein, Sekt gemischt“, sagt S.: „Sie hat schon Flaschen geleert.“ Wie hat sich der Alkohol auf Zschäpe ausgewirkt? „Sie kam etwas schwer aufs Fahrrad“, sagt die Zeugin. Beate Zschäpe und ihr Verteidiger Wolfgang Heer lachen.

Es war das letzte Mal, dass Gabriele S. ihre Lisa in Freiheit gesehen hat. Am 4. November 2011 erschossen sich Mundlos und Böhnhardt in einem Wohnmobil in Eisenach, das NSU-Versteck in der Frühlingstraße ging in Flammen auf und die Welt erfuhr, dass Zschäpe möglicherweise eine Rechtsterroristin ist, die an zehn Morden, zwei Sprengstoffanschlägen und 15 Banküberfällen beteiligt gewesen sein könnte.

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