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Heribert Schwan, der Autor der "Kohl-Protokolle",  am Dienstag bei der Buchvorstellung in Berlin.

© dpa

Ortstermin: Wie Heribert Schwan und Tilman Jens ihr Buch über Helmut Kohl vorstellten

Heribert Schwan, der Autor der "Kohl-Protokolle", hat bei der Buchvorstellung in Berlin den Vorwurf des Vertrauensbruchs zurückgewiesen. Der Heyne-Verlag erklärte, Kohl habe bisher keine rechtlichen Schritte unternommen.

Von Hans Monath

Ausgerechnet die Hauptfigur fehlt an diesem Dienstagmorgen. Der Mann, um dessen Werk und Seelenleben es gerade geht, ist nur als stummer Bühnenschmuck präsent. Im Salon „Unter den Linden“ im Hotel Westin Grand in Berlin-Mitte ziert sein Schwarz-Weiß- Foto ein auf Plakatgröße aufgeblasenes Buchcover. „Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle“ steht unter dem Porträt des gutmütig dreinschauenden alten Mannes.
Der Kanzler der Einheit hat das Buch nicht gewollt, dessen Autoren Heribert Schwan und Tilmann Jens sich nun vor Journalisten rechtfertigen. Zumindest haben seine Anwälte in einem Schreiben an den Heyne-Verlag erklärt, Schwan dürfe nicht über die Aufzeichnungen verfügen, die er von Tonbandmitschnitten seiner Gespräche mit dem Altkanzler anfertigte. Doch die ersten 100.000 Bände sind längst in den Buchläden, wie Verlagsjustiziar Rainer Dresen freimütig erzählt. Rechtsmittel haben Kohls Hausjuristen angeblich nicht angedroht.
Aber es ist nicht nur eine Rechtsfrage, die im Salon „Unter den Linden“ verhandelt wird, es geht um mehr. 630 Stunden lang hat Schwan 2001 und 2002 mit Helmut Kohl gesprochen, bevor es zum Bruch kam. Den vierten Band von Kohls Memoiren konnte der Ghostwriter nicht beenden. Für den Bruch macht der er eine Frau verantwortlich, deren Namen er nicht ausspricht: Maike Kohl-Richter, die zweite Frau des Politikers.

Würde Kohl noch einmal so schlecht über Merkel sprechen?

Aber warum setzt sich ein angesehener Journalist über Kohls Einwände einfach hinweg - und begeht er so nicht einen Vertrauensbruch? Da kommt Schwan in Fahrt: Was er veröffentlicht hat, so behauptet er, sei ganz im Sinne Helmut Kohls, der ihm freie Hand gelassen habe, das ganze Material nach Abschluss der Auftragsbiografie selbst zu verwenden: „Wenn ich die Chance hätte, mit ihm zu sprechen, unter vier Augen, wenn seine neue Frau nicht dabei wäre, er würde mir auf die Schulter klopfen und sagen: Volksschriftsteller, Gratulation!"
Ach ja, eine Frage war da noch: Würde Kohl heute noch einmal so schlecht über Merkel sprechen wie damals („Frau Merkel konnte ja nicht richtig mit Messer und Gabel essen“)? Nette Fotos mit Altkanzler und Kanzlerin aus Oggersheim könne er nicht ernst nehmen, antwortet Schwan. Denn Kohl werde Merkel niemals verzeihen, dass sie sich 1999 in der FAZ von ihm distanziert habe. „Wer einmal Feind ist, der bleibt Feind. Wen er einmal hasst, den hasst er in alle Ewigkeit. Bis ins Grab.“ Vielleicht ist das ein weiterer Grund, warum der Überbringer von Kohls Läster-Zitaten so fest daran glauben muss, dass er mit seinem Buch dem Altkanzler auch noch einen Gefallen tut. Wer will von einer Machtmaschine schon bis ins Grab gehasst werden?

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