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Ganz lässig zum Wahlerfolg: Frankreichs neuer Präsident Macron.

© Reuters/Christophe Petit Tesson

Update

Parlamentswahl in Frankreich: Historisch niedrige Wahlbeteiligung - Macron lässt alle hinter sich

Die neue Partei von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die erste Runde der Parlamentswahl gewonnen und steuert auf eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung zu. Traditionelle Parteien sind ebenso abgeschlagen wie der Front National.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat die erste Runde der Parlamentswahl gewonnen und steuert auf eine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung zu. Seine Partei La République en Marche und ihre Verbündeten lagen im ersten Wahlgang am Sonntag nach Auszählung aller Stimmen mit 32,32 Prozent der Stimmen weit vorn. Damit haben sie gute Chancen, im zweiten Wahlgang die Kontrolle über die erste Parlamentskammer zu erringen.

Laut Meinungsforschern kann der sozialliberale Staatschef hoffen, in der entscheidenden Runde am kommenden Sonntag auf mindestens 390 der 577 Sitze zu kommen. Das Institut Kantar Public-Onepoint hielt sogar bis zu 440 Mandate für möglich. Damit hätte Macron einen klaren Rückhalt für sein Reformprogramm. Grund dafür ist das französische Mehrheitswahlrecht.

Ein Dämpfer ist allerdings die historisch schwache Wahlbeteiligung: Mit 48,7 Prozent ging weniger als die Hälfte der Wahlberechtigten zur Abstimmung. Das ist der niedrigste Wert für eine Parlamentswahl seit Gründung der Fünften Republik 1958. Vor fünf Jahren hatte die Beteiligung noch bei 57,2 Prozent gelegen.

Für die traditionellen Regierungsparteien eine herbe Schlappe

Für die beiden traditionellen französischen Regierungsparteien ist das Ergebnis eine weitere herbe Schlappe. Die konservativen Republikaner kamen mit 21,56 Prozent auf Platz zwei. Die Sozialisten von Macrons Amtsvorgänger François Hollande, die bislang in der Nationalversammlung den Ton angaben, und verbündete linke Parteien stürzten gemeinsam sogar auf 9,51 Prozent ab. Macron hat seine erst vor gut einem Jahr gegründete Partei „weder rechts noch links“ positioniert und eine Regierung mit Politikern aus mehreren Lagern ernannt. Etwa die Hälfte der Macron-Kandidaten sind neu in der Politik.

Der 39-Jährige war Anfang Mai als jüngster französischer Präsident aller Zeiten gewählt worden. Falls er die nötige Unterstützung der Nationalversammlung hat, will er noch vor dem Sommer ein neues Anti-Terror-Gesetz und eine umstrittene Lockerung des Arbeitsrechts auf den Weg bringen.

Einen herben Rückschlag erlitt die Rechtspopulistin Marine Le Pen. Ihre Partei kam auf 13,2 Prozent und dürfte wieder nicht in der Lage sein, eine Fraktion zu bilden, zu der mindestens 15 Abgeordnete nötig sind. Le Pen hatte bei der Präsidentenwahl im ersten Wahlgang 21,3 Prozent erhalten und war damit in die Stichwahl gegen Macron gekommen. Die Linkspartei "La France Insoumise" des in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl ausgeschiedenen Jena-Luc Mélenchon erhielt elf Prozent, die ökologischen Parteien kamen auf 4,3 Prozent.

Der französische Präsident Emanuel Macron begrüßt am 10.06.2017 in Le Touquet (Frankreich) seine Anhänger.
Der französische Präsident Emanuel Macron begrüßt am 10.06.2017 in Le Touquet (Frankreich) seine Anhänger.

© dpa/ Thibault Camus

In den meisten Wahlkreisen fällt die Entscheidung erst kommenden Sonntag

Das Mehrheitswahlrecht mit zwei Wahlgängen macht es kleinen Parteien in Frankreich schwer, Abgeordnetensitze zu erobern. Gewählt sind nur die Kandidaten, die in ihrem Wahlkreis am Ende vorne liegen. Die Stimmen für die jeweils unterlegenen Kandidaten werden somit bei der Sitzverteilung im Parlament nicht berücksichtigt. In den meisten der 577 Wahlkreise dürfte die Entscheidung erst in Stichwahlen am kommenden Sonntag fallen. Um bereits im ersten Wahlgang gewählt zu werden, braucht ein Kandidat eine absolute Mehrheit in seinem Wahlkreis. Das schaffen nur die wenigsten.

Auch bei einer klaren Mehrheit in der Nationalversammlung würde Macrons Lager nicht das ganze Parlament dominieren. Im Senat als zweiter Kammer hat die bürgerliche Rechte die Mehrheit. Die Senatoren reden bei der Verabschiedung von Gesetzen ebenfalls mit - allerdings sitzt die Nationalversammlung letztlich am längeren Hebel, wenn die beiden Kammern sich nicht auf einen Kompromiss einigen können.

Chef der Sozialisten warnt vor Fehlen einer Opposition

Das Lager des französischen Präsidenten Emmanuel Macron ist nach eigener Einschätzung in der Lage, eine „stabile und dauerhafte Mehrheit“ in der Nationalversammlung zu bilden. Das sei ein „extrem starkes Zeichen“, sagte der Generalsekretär von La République En Marche, Richard Ferrand, am Sonntagabend nach Abschluss des ersten Wahlgangs. Er wies aber gleichzeitig darauf hin, dass der zweite Wahlgang am kommenden Sonntag noch ausstehe.

Jean-Christophe Cambadélis, Chef der Sozialistischen Partei, sprach am Sonntag von "beispiellosen Verlusten der gesamten Linken, und insbesondere der Sozialistischen Partei". Nach dem klaren Sieg des Lagers von Macron warnte er vor einem Parlament ohne echte Opposition. „Heute Abend deutet alles darauf hin, dass die absolute Mehrheit bereits (für Macron) gesichert ist“, sagte er am Sonntag. Falls diese Mehrheit im zweiten Wahlgang am kommenden Sonntag noch gestärkt werde, „werden wir eine Nationalversammlung ohne echte Kontrollmacht und ohne demokratische Debatte haben, die dieses Namens würdig ist“. (mit dpa, AFP)

Merkel, Gabriel und Schulz gratulieren Macron

Deutsche Politiker haben den klaren Sieg des französischen Präsidenten Emmanuel Macron bei der Parlamentswahl begrüßt. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) und SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz beglückwünschten Macron am Sonntagabend. Gabriel schrieb auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter, Macron überzeuge "nicht nur in Frankreich, sondern auch in und für Europa!"

Schulz twitterte, er freue sich "über das gute Ergebnis für Emmanuel Macron". Er fügte hinzu: "Um Europa zu reformieren, brauchen wir im September auch in Deutschland den Wechsel!"

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Merkel gratulierte Macron zum "großen Erfolg seiner Partei", wie Regierungssprecher Steffen Seibert am Sonntagabend über den Kurzbotschaftendienst Twitter mitteilte. Dies sei ein "starkes Votum für Reformen". Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Hans-Peter Friedrich (CSU) wertete den Wahlsieg des Macron-Lagers als Unterstützung für deutsch-französische Reformpläne in der EU. "Frankreich hat jetzt nicht nur einen entschlossenen, sondern auch einen handlungsfähigen Präsidenten". Diesen brauche es, "wenn Deutschland und Frankreich gemeinsam Europa voranbringen wollen", sagte der CSU-Politiker der Zeitung "Die Welt".

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Die Grünen-Abgeordnete Franziska Brantner rief die Bundesregierung in der Zeitung dazu auf, die Reformen nun auch gemeinsam mit Frankreich anzugehen. Dies gelte auch für Forderungen Macrons, die in Berlin auf Widerstand stießen, etwa nach einem Haushalt für die Eurozone.

Le Pen zieht in die zweite Runde ein

Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen zieht in die zweite Runde der Parlamentswahl ein. Die Front-National-Chefin landete in ihrem nordfranzösischen Wahlkreis im ersten Wahlgang an erster Stelle, wie sie am Sonntagabend sagte. Sie erzielte nach eigenen Angaben knapp 45 Prozent der Stimmen und wird im zweiten Wahlgang gegen die Kandidatin der Bewegung La République en Marche von Staatschef Emmanuel Macron antreten.

Auch FN-Vize Florian Philippot landete in seinem Wahlkreis vorn und zieht damit in die Stichwahl am kommenden Sonntag ein. Dagegen schied Front-National-Generalsekretär Nicolas Bay in seinem Wahlkreis aus. (AFP, dpa)

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