zum Hauptinhalt
Zwischen Anhängern der Pegida-Bewegung - hier bei einer Demonstration am 2. März in Dresden - und der sächsischen CDU gibt es Gesprächskontakte.

© Arno Burgi/dpa

Pegida und sächsische CDU: „Positiv überrascht von den Leuten“

Die sächsische CDU hat intensivere Kontakte zu Pegida als bislang bekannt. Mitglieder des Bundestags sehen die Gespräche mit Anhängern des islamkritischen Bewegung als normale Abgeordnetenarbeit an.

Arnold Vaatz ist hörbar empört. Er ermögliche ein „Informationsangebot“, poltert der sächsische CDU-Bundestagsabgeordnete ins Telefon. Nicht mehr und nicht weniger. Tatsächlich werden sich am 26. März in seinem Büro im Berliner Jakob-Kaiser-Haus drei Dresdner Bürger mit Friedrich Kitschelt treffen, Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Es soll um „die Lage der Flüchtlinge weltweit“ gehen. Dies sei schließlich ein „klassisches Thema“ aus dem Zuständigkeitsbereich des Hauses, betont eine Sprecherin. Die drei Gesprächspartner des Staatssekretärs fühlen sich für das Thema auch zuständig – wenn auch aus einem anderen Blickwinkel. Sie sympathisieren mit der islamkritischen Pegida-Bewegung. Und Reiko Beil, einer der Dresdner Bürger, möchte etwa ganz explizit wissen, „ob die Bundesregierung einen langfristigen Plan hat, um die wachsenden Flüchtlingsströme in den Griff zu bekommen“.

Beil und seine Begleiter gehören zu einer 14-köpfigen Gruppe von Pegida-Sympathisanten, die sich als „Scharnier zwischen Pegida und der Politik“ versteht. Diese Scharnierfunktion verwirklicht die Gruppe, wie die „Sächsische Zeitung“ berichtet, seit Jahresbeginn offenbar vor allem mit Treffen mit sächsischen CDU-Politikern. Nachdem Vertreter der Gruppe in einer Bürgersprechstunde auf den Landtagsabgeordneten Lars Rohwer zugegangen seien, habe der eine Art Koordinatorenrolle übernommen. Ende Januar, bestätigt Rohwer auch dem Tagesspiegel, habe er ein erstes Treffen der Pegida-Sympathisanten mit fünf weiteren CDU-Landtagsabgeordneten organisiert. Auch wenn der Termin zunächst „einem Flug ins Dunkel“ geglichen habe, sei man am Ende „positiv überrascht von den Leuten“ gewesen. Ein zweiter Termin folgte Anfang Februar – diesmal mit deutlich prominenterer Besetzung: Rohwer hatte neben dem Sozialexperten Patrick Schreiber auch Sachsens Innenminister Markus Ulbig zum Gespräch gebeten.

Der hatte sich bereits Ende Januar mit Mitgliedern des Organisationsteams der Pegida-Demonstrationen getroffen – und war dafür auch vom Koalitionspartner SPD scharf kritisiert worden. Laut Reiko Beil habe sich der Minister bei dem Februar-Treffen nun sogar für einen früheren „Rattenfänger“-Vergleich entschuldigt. Wie auch immer: Die Gesprächsbereitschaft innerhalb der Union scheint auch dieses Treffen befördert zu haben.

Als zehn Tage später der Bundestagsabgeordnete Arnold Vaatz in einem sächsischen Dorfgasthof über seine Arbeit berichtet, sind auch Reiko Beil und seine Begleiter dabei. Außerdem zu Gast im „Schützenhof“ zu Pulsnitz: der umstrittene Pegida-Anführer Lutz Bachmann. „Herr Bachmann ist später gekommen, früher gegangen – und hat sich nicht zu Wort gemeldet“, sagt Vaatz. Er hätte aber „keine Scheu“ gehabt, mit dem Pegida-Vormann zu diskutieren. Diskutiert wurde in Pulsnitz auch über Flüchtlinge – und was Deutschland eigentlich tue, um ihnen schon vor Ort zu helfen. Weil Vaatz das dort nicht im Detail erklären konnte, habe er beschlossen, das „Informationsangebot“ beim Staatssekretär zu organisieren.

Ähnliches, hebt der ehemalige Bürgerrechtler hervor, ermögliche er bereits seit Beginn seit seiner Bundestagszeit 1998 „unterschiedlichsten Bürgern zu unterschiedlichsten Anliegen“. Es handele sich um „das ganz normale Geschäft“ eines Bundestagsabgeordneten. Dann wird Vaatz grundsätzlich: Er wolle sich in seinem Leben „nicht mehr von irgendjemandem vorschreiben lassen, mit wem ich sprechen soll – und mit wem ich nicht sprechen soll.“ Selbst, wenn es sich um Pegida-Sympathisanten handele.

Auch Sachsens CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer, gleichzeitig Vizevorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, teilt die Ansicht seines Dresdner Fraktionskollegen. Wer Vaatz jetzt wegen seiner Arbeit und Gesprächspartner kritisiere, solle „am besten sein eigenes Demokratieverständnis überdenken“, sagte er dem Tagesspiegel. Diese Formulierung kann nach eigenem Bekunden auch Lars Rohwer nicht nur unterschreiben – er wird sie in den nächsten Woche vermutlich auch noch öfter brauchen: „So lange die Gruppe das möchte, werden wir die Gespräche fortsetzen“, kündigt der Landtagsabgeordnete an.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false