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Ausgebuht: Pieper sorgt bei Schädelübergabe an Namibia für Eklat

Die Berliner Charité gibt namibische Totenschädel zurück, um ein Unrecht aus Kolonialzeiten gutzumachen. Staatsministerin Cornelia Pieper soll dies mit den richtigen Worten begleiten. Das misslingt.

Steif steht Staatsministerin Cornelia Pieper (FDP) am Freitag vor einem vollen Hörsaal in der Berliner Charité. Links neben ihr liegen 20 namibische Totenschädel, die Deutsche während der Kolonialzeit zu Forschungszwecken nach Berlin gebracht haben.

Kurz vor ihrem Redebeitrag wurden die Köpfe nach über 100 Jahren von der Charité an das namibische Volk zurückgegeben. Jetzt liegt es an Pieper, als Vertreterin der Bundesrepublik die Worte finden, die das im Herzen verwundete namibische Volk beschwichtigen sollen. Dieses Vorhaben misslingt.

Als einzige der Redner dieses Nachmittages spricht sie auf Deutsch, nicht auf Englisch. Mit monotoner Stimme liest die FDP-Politikerin von ihrem Manuskript ab. Die Pausen, in denen ihre Aussagen für die namibische Delegation übersetzt werden, machen alles noch schlimmer.

Deutschland kenne seine „historische und moralische Verantwortung“ für Namibia und nehme sie auch wahr, sagt sie. Das ist nichts Neues. Es folgt ein Abriss der deutschen Geschichte während der Kolonialzeit.

Demonstranten fordern lautstark Entschuldigung

Irgendwann wird es einigen Besuchern, die am Rand Zettel mit der Forderung „Reparation now!“ („Entschädigung jetzt!“) hochhalten, zu viel. Mitten in die Rede brüllen sie ihre Forderung nach einer Entschuldigung gegenüber dem namibischen Volk. Deutsche Soldaten hatten von 1904 bis 1908 in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika tausende Angehörige der Herero und Nama ermordet und in Konzentrationslagern gefangen gehalten.

Regungslos und monoton redet Pieper weiter in ihr Mikrophon. Als die Rufe besonders laut und zahlreich durch den Raum hallen, sagt sie: „Wir sind ein Land der freien Rede und des freien Wortes, und wenn sie sich meine Rede geduldig bis zum Ende anhören, werden sie sicher auch noch Worte der Versöhnung hören.“ Das beschwichtigt die Demonstranten. „Okay!“, ruft einer und wird still.

Doch die Hoffnungen, die die Politikerin mit ihrer Aussage geweckt hatte, werden rasch enttäuscht. Die geforderte Entschuldigung kommt nicht. „Im Namen der Bundesregierung bitte ich sie um Versöhnung“, sagt sie stattdessen. Wie eine Artistin auf einem Hochseil windet sich die Politikerin um die entscheidenden Worte „Entschuldigung“, „Völkermord“ und „Entschädigung“.

Konkretere Aussagen macht Pieper nur im eigenen Namen, nicht als Vertreterin der Bundesregierung: „Ich möchte Ihnen gegenüber auch ganz persönlich mein tiefes Bedauern, meine Scham ausdrücken.“ Sie gedenke „mit Hochachtung“ der gestorbenen Menschen.

Von Sonderbeziehungen und Touristen

Besonders bizarr wird die Situation, als Pieper die „Sonderbeziehung“ zwischen Namibia und Deutschland lobt. Als erstes Beispiel für die enge Verbindung zwischen namibischen und des deutschen Bürgern nennt sie die Tatsache, dass die Deutschen die „größte Gruppe von Touristen in Namibia stellen“.

Die Anwesenden machen ihrer Enttäuschung über ihren Auftritt Luft und buhen sie aus. Die namibische Delegation verhält sich ruhig. Noch bevor der erste Vertreter der namibischen Regierung eine Rede halten kann, ist Pieper verschwunden. (dapd/dpa)

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