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Mach den Steinbrück: Piraten nach den Hochrechnungen

© dpa

Piratenpartei: Schiffbruch trotz Rückenwinds

Die Piraten wollten im Wahlkampf gerne "Themen statt Köpfe" präsentieren. An Themen mangelte es nicht: NSA-Affäre, Datenschutz, Netzanonymität. Aber die Piraten waren nicht mehr die Einzigen - und mit dem Verlust ihrer Kernthemen verliert die Partei an Substanz.

Es ist nur ein gutes Jahr zurück: Im April 2012 lag die Piratenpartei in bundesweiten Umfragen bei zwölf Prozent – nur einen Punkt hinter den Grünen, weit vor der Linken und der FDP. Der Einzug in den Deutschen Bundestag schien nur noch Formsache zu sein. Doch es folgte ein jäher Absturz, den sich die Partei nach einhelliger Meinung vor allem selbst zuzuschreiben hat.

Kurz vor der Wahl gaben sich die Verantwortlichen dennoch zuversichtlich. Parteichef Bernd Schlömer sagte noch am Montag, nachdem die Partei auch den Einzug in den bayerischen Landtag verpasst hatte, das noch alles möglich sei. Aber in seinen Worten schwang auch schon Wissen darüber mit, wie die Stimmung in seiner Partei ist. „Ich hoffe, dass wir nicht den Mut verlieren und noch einmal Gas geben“, sagte er. Groß war der Glaube an den Einzug in Bundestag nicht mehr in der Woche vor der Wahl.

Die Piraten haben sich seit ihrem Hoch im April 2012 durch interne Querelen selbst um den Erfolg gebracht. Im Mittelpunkt stand die endlose Debatte um den ehemaligen Politischen Geschäftsführer Johannes Ponader. Da bei den Piraten gern mit offenem Visier gekämpft wird, konnte alle Welt zusehen, wie sich die Partei zerlegte – über Wochen und Monate. Es ist normal, wenn eine junge Partei mit sich und ihrem Personal um Kurs und Richtung ringt. Doch bei den Piraten stand Persönliches im Mittelpunkt, Kursdebatten gab es kaum. Auf ihren Parteitagen verzettelten sie sich in Geschäftsordnungsdebatten. Erst in diesem Jahr, als alle Parteien schon im Wahlkampfmodus waren, haben die Piraten personell einen Schnitt gemacht. Nur hatte die neue Politische Geschäftsführerin Katharina Nocun kaum Zeit, sich zu etablieren.

Die Piraten definierten die Netzthemen - doch die anderen Parteien sprangen auf

Wahrscheinlich wäre das sowieso nicht im Sinne der Partei gewesen. Die hat in ihrer Wahlkampagne wieder auf das Motto „Themen statt Köpfe“ gesetzt. Auch in der Parteiführung waren nicht alle davon überzeugt – zu Recht, wie sich jetzt zeigt. Auf den Plakaten der Piraten sind weitgehend unbekannte Personen zu sehen. Zwar fehlt es den Piraten nicht an Identifikationsfiguren, doch denen wird Zurückhaltung auferlegt.

Thematisch drang die Partei ebenfalls nicht durch. Auf dem Gebiet der Sozial- und Wirtschaftspolitik haben sie es schwer gegen die traditionellen Parteien – vor allem im linken Lager. Und doch gab es diesen einen Moment im Wahlkampf, der ein Wendepunkt hätte werden können. Als ganz Deutschland über den amerikanischen Geheimdienst NSA und eine möglicherweise flächendeckende Überwachung debattierte. Datenschutz und Anonymität im Netz sind zentrale Piratenthemen. Da war die Partei auch präsent, sie war auch schnell. Aber sie musste jäh feststellen, dass sie bei diesem Thema nicht mehr allein ist. Auch Grüne, Linke und SPD waren auf einer ähnlichen Linie.

Dies ist ein weiteres Dilemma der Partei: Ihr Thema wurde schnell adaptiert. Zwar gehen die Piraten in Fragen der politischen Kommunikation und Methodik immer noch radikaler vor als die Konkurrenz, aber die hat eben aufgeholt, was den Piraten das Leben nicht erleichtert. Auch unter den Protestwählern hat sie Konkurrenz von der „Alternative für Deutschland“ bekommen.

Die Piraten stehen nun vor einer ungewissen Zukunft. Ihre Hoffnung ruht auf der Europawahl kommendes Jahr. Dort liegt die Hürde für den Parlamentseinzug bei nur drei Prozent. Ein Erfolg auf europäischer Ebene könnte den Absturz aufhalten. Auch die Arbeit der einzelnen Landtagsfraktionen wird an Bedeutung gewinnen. Zwar hatten viele schon vorgebaut und einen Einzug in den Bundestag nicht als überlebenswichtig bewertet, aber die Partei braucht Erfolge und ihren Markenkern zurück – sonst wird es schwer.

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