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Die neue EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc.

© dpa

Pkw-Maut: Neue EU-Verkehrskommissarin behält sich eigenes Urteil vor

Zum Ende seiner Amtszeit hatte EU-Verkehrskommissar Siim Kallas freundliche Worte für die deutsche Pkw-Maut gefunden. Doch ein Selbstläufer wird die geplante Abgabe in Brüssel damit noch lange nicht: Kallas’ Nachfolgerin Bulc behält sich eine eigene Bewertung der Maut vor.

Die Aussage des ehemaligen EU-Verkehrskommissars Siim Kallas schien eindeutig. Bevor Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) in der vergangenen Woche seine Pläne für die Pkw-Maut in Berlin vorstellte, bescheinigte Kallas dem CSU-Projekt, es gehe in die „richtige Richtung“. Damit schien sich anzudeuten, dass die deutschen Mautpläne nicht an einem Einspruch aus Brüssel scheitern würden. Doch trotz Kallas' vorläufigem Urteil dürfen sich offenbar weder Dobrindt noch CSU-Chef Horst Seehofer beruhigt zurücklehnen. Die neue EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc, die seit dem vergangenen Wochenende im Amt ist, will eine eigene Bewertung der deutschen Pkw-Maut vornehmen – und zwar unabhängig von dem Urteil ihres Amtsvorgängers.
Kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt hatte Verkehrskommissar Kallas auf seiner Website darauf hingewiesen, dass laut dem EU-Vertrag alle Autofahrer in der Europäischen Union gleich behandelt werden müssen. „Egal ob man Deutscher, Italiener, Österreicher oder Niederländer ist – für die Benutzung derselben Strecke in Deutschland, Frankreich oder Griechenland muss man denselben Betrag zahlen wie jeder andere Nutzer auch.“ Mit diesen Worten hatte Kallas den EU-Grundsatz der so genannten Nicht-Diskriminierung erklärt, an dem sich Dobrindts Maut messen lassen muss.
Kritiker monieren, dass genau dieser Grundsatz bei der Ausländer-Maut nicht beachtet wird, weil die Halter von in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen ihre Mautgebühr über die Pkw-Steuer wieder zurückerstattet bekommen. Dagegen verwies Kallas auf ein vom Bundesverkehrsministerium in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten der Universität Bonn, dem zufolge die Mautpläne nicht gegen EU-Recht verstoßen. „Ich sehe es als sehr zufriedenstellend an, dass Deutschland durch eine Bindung der Mauteinnahmen an Transportzwecke eine nachhaltige Finanzierung seiner Infrastruktur sicherstellen wird“, lautete Kallas’ Verdikt.
Doch damit wird Dobrindts Maut in Brüssel offenbar noch lange nicht zum Selbstläufer. Der Ex-Verkehrskommissar habe seine Bewertung der Pkw-Maut zum Ende seiner Amtszeit veröffentlicht, ohne sich zuvor mit den entsprechenden Diensten in der EU-Kommission abzustimmen, hieß es am Dienstag in Brüssel. Zudem wolle sich seine Nachfolgerin Bulc nicht durch die Bewertung von Kallas festlegen lassen. Die neue slowenische EU-Kommissarin warte nun auf den abschließenden Kabinettsbeschluss zur Maut und stelle sich bereits auf eine schwierige Auseinandersetzung zu dem Thema ein, hieß es weiter.

Chef des Verkehrsausschusses des EU-Parlaments erwartet Ablehnung

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des EU-Parlaments, Michael Cramer, sagte dem Tagesspiegel, mit der Bewertung der Pkw-Maut müsse die neue EU-Kommission von Jean-Claude Juncker gleich zu Beginn ihrer Amtszeit die „Feuerprobe“ in der Verkehrspolitik bestehen. „Wenn die Kommission die Pkw-Maut passieren lässt, ist ihre Glaubwürdigkeit gleich von Beginn an beschädigt“, sagte der Grünen-Politiker weiter.
Gleichzeitig erinnerte Cramer daran, dass der EU-Grundsatz der Nicht-Diskriminierung auch bei der Kontroverse zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem britischen Premier David Cameron beim letzten EU-Gipfel eine Rolle spielte. Hier war es Merkel gewesen, die angesichts der britischen Überlegungen, Quoten bei der Einwanderung von EU-Ausländern einzuführen, auf den Grundsätzen des EU-Rechts beharrt hatte. „Der Maut-Vorschlag der deutschen Regierung muss an der glasklaren Aussage von Bundeskanzlerin Merkel gegenüber Großbritannien gemessen werden: Eine Aushöhlung der Nicht-Diskriminierung und der Freizügigkeit kann in Europa nicht hingenommen werden“, folgerte Cramer.

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