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Twitter-Account vom SPD-Abgeordneten Johannes Kahrs und von seinem Bundestagsbüro.

© Tsp

Pornographie und Twitter: Warum der Account von Johannes Kahrs keine Privatsache ist

Auch Bundestagsabgeordnete können so viel Porno schauen, wie sie möchten. Aber was privat ist, soll auch im Privaten bleiben. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ruth Ciesinger

Sind Politiker auch Menschen? Aber sicher. Dürfen Politiker auch Sex haben? Unbedingt! Und schauen wir alle Pornos? Nein, definitiv nicht, aber letztlich ist auch das die Privatsache eines jeden Einzelnen – solange man diese Sache privat bleiben lässt. Und genau darum geht es bei Johannes Kahrs - und darum, weshalb das, was ein Abgeordneter mit seinem Twitter-Account macht, der auch sein Bundestagsbüro repräsentiert, anders beobachtet und bewertet wird als das entsprechende Tun eines beliebigen Bürgers.

Die Verbreitung von Pornographie ist in Deutschland nicht verboten, sie ist aber auch nur eingeschränkt erlaubt. Im Fernsehen beispielsweise darf sie nicht frei verbreitet werden. Wer sich eine Hardcore-Sex-DVD ausleihen möchte, findet diese in einem abgesonderten Bereich. Und um entsprechende Filme zu kaufen, muss man in den Sexshop gehen. Und warum stört sich bisher niemand an dieser Regelung? Weil Pornographie eben einen zutiefst privaten Bereich betrifft. Und weil die Menschen, die dort gezeigt werden, oft zu reinen Objekten degradiert werden.

Im Internet ist der Zugang zu pornographischen Bildern – und damit sind nicht Aufnahmen von nackten Brustwarzen auf Sandstrand vor Sonnenuntergang gemeint, sondern detailliert ausgeleuchtete Vaginen und erigierte Penisse - deutlich leichter. Und offenbar gibt es da eine ziemliche Diskrepanz zwischen dem, was manche Menschen tolerieren wollen und andere nicht. Natürlich muss sich niemand Bilder anschauen, die er nicht sehen will. Aber viele Eltern heranwachsender Kinder fragen sich im Rahmen der Pornographie-Debatte schon, was das mit ihren siebenjährigen Söhnen und Töchtern macht, die durch das Internet zu solchen Bildern oder Filmen leichteren Zugang bekommen.

Und was hat das jetzt wieder mit dem SPD-Politiker Johannes Kahrs zu tun? Es ist dieser Mangel an Sensibilität in einem Bereich, der unter anderem durch das Gesetz eingeschränkt wird. Das hat im Übrigen nichts mit der sexuellen Orientierung von Johannes Kahrs zu tun. Würde zum Beispiel eine heterosexuelle Bundestagsabgeordnete Twitter-Accounts folgen, die ihr regelmäßig Bilder von kopulierenden Hetero-Paaren in die Timeline schickten, wäre das ebenso berichtenswert. Denn das, was viele Menschen als privat begreifen und deshalb dessen Abgrenzung zum Öffentlichen gut heißen, wird bei Kahrs drastisch und ungeschützt über einen Bundestagsbüro-Account abgebildet.

Auch Bundestagsabgeordnete dürfen sich Pornos anschauen. Darum geht es nicht. Aber alle, die jetzt so darauf pochen, das sei doch Privatsache, sollten bitte darüber nachdenken: Sollte es dann nicht auch im Privaten bleiben?

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