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Hat wenig zu lachen: Uli Hoeneß am Münchener Landgericht.

© dpa

Prozess wegen Steuerhinterziehung: Zeugenaussage entlastet Uli Hoeneß

Für den Präsidenten des FC Bayern München sah es schlecht aus, als das Gericht feststellen musste, dass er auch über die tatsächliche Höhe der hinterzogenen Steuergelder gelogen hatte. Die Aussage eines EDV-Experten scheint die entlastende Wirkung seiner Selbstanzeige zu stärken.

Nun wird also wohl doch schon am Donnerstag das Urteil im Prozesse wegen Steuerhinterziehung gegen den 62-jährigen Präsidenten des FC Bayern München, Uli Hoeneß, gesprochen. Wenn das Gericht einen besonders schweren Fall von Steuerhinterziehung erkennen sollte, könnte dem Bayern eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren drohen. Doch nach dem dritten Verhandlungstag am Mittwoch sieht es nach Ansicht zahlreicher Beobachter plötzlich wieder besser aus für Hoeneß. Denn die Aussage eines EDV-Experten schien die Position der Verteidigung auf die entlastende Wirkung von Hoeneß’ Selbstanzeige zu stärken.

Wie könnte das Urteil am Donnerstag ausfallen?

Auf See und vor Gericht sind Vorhersagen schwer zu treffen. Ob der Verhandlungstag am Mittwoch vor dem Münchner Landgericht eine Zäsur darstellte im bisher für Hoeneß so dramatisch unglücklich verlaufenen Prozess, ist offen bis zum Urteil. Auf jeden Fall aber war es der bislang beste Tag für den Bayern-München-Präsidenten. Der fing damit an, dass sein Verteidiger Hanns. W. Feigen eine Erklärung abgab zur angeblichen Überraschung der Verteidigung vom Vortag. Es ging dabei um die von der Steuerfahnderin genannten, Hoeneß stark belastenden Zahlen zur Höhe der Steuerhinterziehung. Mitnichten sei man überrascht gewesen, man habe sämtliche Zahlen ja selbst in der Selbstanzeige von Januar 2013 aufgeführt, sagte Feigen. Auch die Höhe der hinterzogenen Steuergelder von 27,2 Millionen Euro, die die Verteidigung erneut bestätigte.

„Wir sind ja nicht dämlich“, donnerte Feigen in den Sitzungssaal. Und gipfelte in der Zusammenfassung der Ausführungen des als Zeugen geladenen EDV-Experten und Steuerfahnders: „Damit wird deutlich, dass die These, der Stick habe bereits am 18.01.2013 vorgelegen und sei bewusst der Staatsanwaltschaft vorenthalten worden, reiner Unfug ist.“ Zwei Auftritte mit breiter Brust. Hoeneß, am Vortag noch ein Häuflein Elend, war sichtbar zufrieden.

Warum war die Aussage des EDV-Experten so wichtig?

Am Dienstag hatte die Steuerfahnderin Gabriele Hamberger mit einem komplizierten Zahlenwirrwarr Hoeneß der Verschleppung bezichtigt. Sie bezog sich darauf, dass die Daten am 13. Januar 2013 erstellt, aber erst im Februar 2014 weitergegeben worden seien. Sie hatte Hoeneß damit als einen säumigen Steuerzahler dargestellt, der mitnichten bei „der Rückkehr zur Steuerehrlichkeit“ kooperiere. Ihr Kollege Peter Graf – der heißt nur zufällig wie der Steuerhinterzieher und Vater der früheren Tennisspielerin Steffi Graf – widerlegte diese Darstellung. Minutiös, detailliert und kenntnisreich wies er nach, dass es so gut wie keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass Hoeneß die Dokumentation seiner Vergehen durch die Unterlagen der Schweizer Vontobel-Bank schon seit einem Jahr vorgelegen habe. Als Richter Heindl etwas süffisant ein Blatt Papier hob und darauf verwies, dass diese Datei aber bereits im Januar 2013 erstellt worden sei, schritt Graf zum Richtertisch, schaute sich das Blatt kurz an und wies den Richter darauf hin, dass dieses Blatt das einzige sei, bei dem eine Datierung vorzunehmen sei.

Bei allen anderen Unterlagen zu den mehr als 50 000 Transaktionen sei eine solche frühe „Kreierung“ nicht möglich. Das saß und beeindruckte den sonst so selbstsicheren Richter sichtlich. Der EDV-Experte Graf untermauerte damit die Aussage von Hoeneß und der Verteidigung, dass sie alle Verfehlungen in die frühe Selbstanzeige aufgenommen hätten und ihre Dokumentation so schnell wie möglich weitergegeben hätten – eben so schnell, wie Vontobel gearbeitet habe. Diese Aussage bedeutete einen deutlichen Schritt in Richtung der strafmindernden Wirksamkeit der Selbstanzeige.

Die Staatsanwaltschaft sieht das freilich völlig anders. Sie fühlt sich nach den immensen Summen, die im Prozess auf den Tisch gekommen sind, in ihrer Auffassung bestätigt, dass Hoeneß’ Selbstanzeige vom 17. Januar 2013 überaus fehlerhaft ist.

Wird Uli Hoeneß noch um eine Haftstrafe herumkommen?

Auf See und vor Gericht… Die Frage ist abhängig, inwieweit das Gericht die Selbstanzeige als ausreichend betrachtet. Die Behauptung der Verteidigung, sämtliche Zahlen seien darin bereits enthalten, stimmt und stimmt nicht. Sie stimmt nicht, weil nirgendwo die Zahl 27,2 Millionen zu lesen ist. Sie stimmt zugleich, weil sich in ihr die tatsächliche Schuld aus den Einzelposten addieren lässt. Ob dabei 27,2 rauskommt oder 27,8 oder auch nur 26,9 ist keine Frage der Vertuschung, sondern eine der Art der Berechnung.

Wäre eine Bewährungsstrafe dem Normalbürger überhaupt noch zu vermitteln?

Wohl kaum. Aber das ist eine ethische und moralische Bewertung, keine juristische. Der öffentliche Aufschrei dürfte in diesem Fall laut sein. Aber öffentliche Aufschreie ist der Polarisierer Hoeneß gewohnt. Es werden aber Fragen bleiben. Die Frage zum Beispiel, ob es selbst in diesen Finanzkreisen wirklich ganz gewöhnlich ist, einen Kumpel (in dem Fall den früheren adidas-Chef Richard Dreyfuss) mal eben um 20 Millionen anzupumpen, um ein wenig zum Privatvergnügen Zocken zu gehen.

Zumal dieser Kumpel durchaus wirtschaftliche Interessen mit Hoeneß’ Arbeitgeber, dem FC Bayern München, hatte. Daraus ergibt sich dann die Frage, ob denn eins der Schweizer Konten tatsächlich nur ein privates Hoeneß-Konto war. Daran schließt sich wiederum die Frage an, ob der immer seriöse FC Bayern tatsächlich so viel erhabener ist, als andere europäischen Klubs, die sich mit Tricks und Mauscheleien und illegalen Gebaren durchbetrügen. Wenn sich das herausgestellt hätte, wäre das Lebenswerk des Uli Hoeneß, nämlich der FC Bayern, zerstört.

Das sind nur Fragen, bleibende Fragen, die wohl nie beantwortet werden können. Eine letzte Frage aber kann beantwortet werden. Würde Uli Hoeneß, um Schaden vom FC Bayern München abzuwenden, um dessen Nimbus zu wahren, um ihn sauber und rein und ehrlich zu halten, würde der Präsident dafür den eigenen Kopf hinhalten, alle Schuld auf sich laden und lieber eine Zeit lang im Gefängnis sitzen? Ja, das würde der leidenschaftliche Bayer Uli Hoeneß wohl tun.

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