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15.000 Menschen demonstrierten am Montag in Dresden mit der Bewegung "Pegida".

© Reuters

Rechtspopulisten: Die AfD flirtet mit Pegida

Die Pegida-Bewegung verunsichert die Union. Die Kanzlerin spricht von „Hetze“. Doch Parteifreunde warnen davor, die Bewegung zu verunglimpfen Die AfD sympathisiert dagegen offen mit den Anti-Islam-Demonstranten.

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Die Unionsparteien tun sich schwer mit dem Versuch, eine einheitliche Linie gegenüber den „Pegida“-Demonstrationen zu finden, die am Montag mit 15.000 Teilnehmern einen neuen Höhepunkt erlebten. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) grenzte sich am Montag mit scharfen Worten von der neuen Bewegung ab. Dagegen bekräftigten andere Unionspolitiker die Linie von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (ebenfalls CDU), der vergangene Woche Verständnis für die Sorgen der Teilnehmer geäußert und nur die Organisatoren der Aufmärsche kritisiert hatte. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Stephan Mayer (CSU), warnte am Montag davor, alle Teilnehmer der Demonstrationen „in die rechtsradikale Ecke zu stellen“. Man erreiche dadurch „das Gegenteil dessen, was man eigentlich erreichen will“, sagte Mayer im Bayerischen Rundfunk.

Besorgte Bürger, die „aus redlichen Erwägungen auf die Straßen gehen“, würden „in die Hände von politischen Rattenfängern“ getrieben, warnte Mayer. Die meisten Teilnehmer seien „einfach besorgte Bürger“, die sich die Frage stellten: „Na ja, wie viel Zuwanderung, jetzt auch an Flüchtlingen und Asylbewerbern, kann Deutschland verkraften?“

Der CSU-Innenexperte kritisierte in diesem Zusammenhang auch die Äußerungen von Bundesjustizminister Heiko Maas, der „Pegida“ als „Schande für Deutschland“ bezeichnet hatte. Der Grünen-Politiker Volker Beck nannte die Angriffe auf Maas dagegen „ungezogen und politisch verheerend“. Die CSU begebe sich damit in Widerspruch zu Merkel.

Die AfD, die zunächst auf Distanz zu „Pegida“ gegangen war, entdeckt inzwischen Gemeinsamkeiten. „Die Inhalte stimmen, das meiste ist deckungsgleich“, heißt es aus der Partei. In der ARD-Sendung „Günther Jauch“ am Sonntag hatte Parteichef Bernd Lucke eine Äußerung auf seiner Facebook-Seite, wonach die dort erhobenen „Forderungen“ legitim seien, zwar noch auf eine Mitarbeiterin in seinem Brüsseler Büro schieben wollen. Außer Hans-Olaf Henkel findet sich aber niemand mehr in der engeren Parteispitze, der sich eindeutig von „Pegida“ distanzieren will. „Ich rate weiterhin davon ab, dass sich unsere Partei an Demonstrationen von selbst ernannten Islamkritikern beteiligt“, erklärte dieser.

Die AfD fährt eine Doppelstrategie

In Henkels Umfeld wird befürchtet, dass eine zu große Nähe zu „Pegida“ bei der Hamburger Bürgerschaftswahl im Februar schaden könne. Der dortige AfD- Spitzenkandidat Jörn Kruse teilt diese Sorgen allerdings nicht: „Manche Ziele der Demonstranten kann ich entweder teilen oder zumindest verstehen. Viele Leute fühlen sich allein gelassen von der Politik, aber auch von den Medien. Die Politiker sollten weniger mit Staatspädagogik reagieren, sondern die Sorgen der Menschen ernst nehmen“, sagte er dem Tagesspiegel. Er werde dennoch dafür sorgen, dass „wir als AfD in Hamburg nichts mit ,Pegida‘ zu tun haben“.

Es ist eine Linie, die die AfD offenbar auch bundesweit fahren will. So gibt es nach Angaben führender Funktionäre eine Absprache, nicht selbst als Demonstranten bei „Pegida“ aufzutreten. So will man verhindern, in Mithaftung genommen zu werden, sollte es zum Beispiel zu Gewalt bei den Kundgebungen kommen. Entsprechend wurde auch eine Fahrt der AfD-Landtagsfraktion Brandenburg zur „Pegida“- Demonstration an diesem Montagabend in Dresden intoniert: Es gehe darum, „sich ein Bild der Proteste zu machen“, sagt deren Chef Alexander Gauland.

Gauland sehe sich nur als Beobachter, hatte der Sprecher der brandenburgischen AfD-Fraktion am Mittag beteuert, „er wird im Demonstrationszug nicht mitlaufen und er wird auch nicht auf der Veranstaltung sprechen“. Und noch am Abend „fahren wir alle zurück nach Hause“. Das soll offenbar heißen, vertrauliche Gespräche in einer Kneipe mit den Anführern von „Pegida“, wie dem zwielichtigen, vorbestraften Lutz Bachmann, werde es hier und jetzt in Dresden nicht geben. Aber was heißt „beobachten“? Gaulands Anwesenheit ist für sich bereits ein Signal. Am 10. Dezember hatte die AfD-Fraktion auf ihrer Facebook-Seite auch zum „teilen“ eines Plakates mit folgender Aufschrift aufgerufen: „Auch ich unterstütze die friedlichen Proteste der Pegida-Bewegung“. „Wir sind die natürlichen Verbündeten dieser Bewegung“, hat der Fraktionschef und Vorzeigekonservative der AfD kürzlich geäußert. Nun sondiert Gauland offenkundig das Terrain.

Das Kalkül der Parteispitze ist dagegen: „Pegida“ und die AfD werden als separate Bewegungen dargestellt, dennoch hofft man darauf, als Partei von den Protesten zu profitieren. Und zwar allein schon deshalb, weil sich die im Bundestag vertretenen Parteien von „Pegida“ distanzieren und die AfD dadurch ein Alleinstellungsmerkmal bekommt. Es gibt auch Teile der AfD, die „Pegida“ aktiv unterstützen – vor allem die „Patriotische Plattform“, der rechte Flügel der Partei. Sie ist in Sachsen besonders stark.

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