zum Hauptinhalt

Reformationsjahr 2017: Katholiken freunden sich mit Martin Luther an

Der Reformator gilt in der katholischen Kirche als Kirchenspalter. Jetzt haben die Spitzen von evangelischer und katholischer Kirche einen Versöhnungsprozess eingeleitet und wollen 2017 gemeinsam an die Vorgänge vor 500 Jahre erinnern. Es ist das erste Mal.

2017 jährt sich Martin Luthers Thesenanschlag in Wittenberg zum 500. Mal. Das will die evangelische Kirche gebührend feiern. Für die katholische Kirche ist die Reformation kein Anlass zur Freude oder gar zum Feiern. Sie sieht in Martin Luther traditionell einen Kirchenspalter. Lange Zeit bestimmten polemische Äußerungen das katholische Luther-Bild.

Umso erstaunlicher ist es, dass sich die Spitzen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Bischofskonferenz nun auf ein gemeinsames Programm zum Reformationsjubiläum 2017 und einen Versöhnungsprozess verständigt haben. Es ist das erste Mal, dass die evangelische und die katholische Kirche gemeinsam an die Vorgänge vor 500 Jahren erinnern wollen. Am Montag stellten der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm und der Bischofskonferenz-Vorsitzende Reinhard Marx in München ihren gegenseitigen Briefwechsel über die Planungen vor: Los geht es im Oktober 2016. Dann wollen katholische Bischöfe und Mitglieder des Rates der EKD gemeinsam ins Heilige Land reisen „zu den gemeinsamen Quellen des Glaubens“. Ebenfalls im Herbst 2016 sollen auf einer Tagung die beiden neuen Bibelübersetzungen vorgestellt werden, die man bis dahin fertig haben will. Diese Bibelübersetzungen sollen in Zukunft besonders bei ökumenischen Gottesdiensten benutzt werden.

 Die Kirchen wollen gemeinsam um Buße und Vergebung bitten für gegenseitige Verletzungen

Am Vorabend des zweiten Fastensonntags im März 2017 wollen  beide Kirchen in einem gemeinsamen Versöhnungsgottesdienst in Berlin um Buße und Vergebung bitten für gegenseitige Verletzungen und Greuel. Gemeinden in ganz Deutschland werden aufgerufen, ebenfalls solche Versöhnungsgottesdienste zu feiern.

Am 14. September 2017 will man gemeinsam das „Fest der Kreuzeserhöhung“ feiern. Dieses Fest wird vor allem in der katholischen Kirche gefeiert und erinnert an die angebliche Auffindung des Kreuzes Jesu beim Bau der Jerusalemer Grabeskirche durch Kaiser Konstantin. Vielen Protestanten dürfte diese Feier fremd sein, denn von Reliquienverehrung hält man in der evangelischen Kirche nicht viel. Umso mehr verwundert, dass der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm die gemeinsame Feier im unmittelbaren Vorfeld des Reformationstags am 31. September vorgeschlagen hat. Kardinal Marx freute sich denn auch in seinem Antwortschreiben über diese Anregung besonders.

Einen ersten Schritt zur Annäherung der katholischen Kirche an Martin Luther tat Benedikt XVI., als er 2011 das Erfurter Augustinerkloster besuchte. Hier war Luther von 1505 bis 1512 Mönch. Bei seinem Besuch in Erfurt würdigte Papst Benedikt Luthers „Ringen um Gott und mit Gott“.

Die evangelische Kirche lädt alle ein zum "Christusfest"

Der Münchner Landesbischof Bedford-Strohm und Kardinal Reinhard Marx sind beide erst seit kurzer Zeit im Amt und pragmatisch denkende Persönlichkeiten. Auch dieser Umstand dürfte die ökumenische Annäherung befördert haben. Dass die Dienstsitze der beiden Bischöfe in München nur wenige hundert Meter auseinander liegen, ermöglicht zudem eine „Ökumene der kurzen Wege“. In beiden Kirchen ist außerdem die Einsicht gewachsen, dass man 2017 viel öffentliche Aufmerksamkeit verlieren könnte, wenn man einen solch prominenten Jahrestag der Reformation im Streit begehen würde. So spricht der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm seit seiner Amtseinführung im November 2014 davon, dass man ein großes gemeinsames „Christusfest“ feiern will und nicht mehr so sehr ein evangelisches „Reformationsjubiläum“.  

Die Empfindlichkeiten im ökumenischen Gespräch bleiben

Doch die Empfindlichkeiten im ökumenischen Dialog sind geblieben. Vergangenen Sommer erst präsentierte die EKD einen Grundlagentext zum bevorstehenden Jubiläum, in dem sie die Reformation als Prozess der Befreiung darstellt – sehr zur Empörung katholischer Bischöfe. Der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen fand die Schrift „destruktiv“ und sah nun erst recht „keinen hinreichenden Grund, etwas gemeinsam zu feiern“. Und mancher evangelische Gemeindepfarrer berichtet von katholischen Kollegen, denen das evangelische Gewese um das Reformationsjubiläum 2017 schon jetzt mächtig auf die Nerven gehe. So sehr, dass sie sich im Moment nicht besonders für die katholisch-evangelische Nachbarschaft engagieren würden. Das wäre natürlich nicht im Sinne der Bischöfe Bedford-Strohm und Marx.

Zur Startseite