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Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) plant mit mehreren Amtskollegen grundlegende Reformen für die EU.

© dapd

Reformpläne: So radikal wollen Europas Außenminister die EU umbauen

Schlanker, effektiver, demokratischer: Mitten in der Krise wollen Außenminister Westerwelle und neun seiner Kollegen aus anderen EU-Ländern historische Reformschritte einleiten – hin zu mehr Integration.

Von Hans Monath

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und seine Kollegen aus neun anderen EU-Ländern wollen die Schuldenkrise nutzen, um die politische Integration der Europäischen Union voranzutreiben und deren Institutionen zu reformieren. Nach dem Willen der zehn Außenminister soll die EU schlanker, effektiver und demokratischer werden. Das geht aus dem Zwischenbericht der „Zukunftsgruppe“ hervor, der am Dienstag veröffentlicht wurde.

Darin wird unter anderem vorgeschlagen, europäische Spitzenkandidaten aufzustellen, die EU-Kommission zu verkleinern und den Kommissionspräsidenten direkt zu wählen. Die Avantgarde- Gruppe, die sich von ihren Vorschlägen auch eine Reformdebatte in den übrigen 17 EU-Staaten erhofft, will auch prüfen, ob sich der dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM zu einem Europäischen Währungsfond weiterentwickeln lässt.

Das europäische Projekt erlebe „die schwerste Bewährungsprobe seiner Geschichte“, erklärte Westerwelle am Dienstag. Um Vertrauen zurückzugewinnen, brauche Europa eine langfristige Perspektive: „Wir sollten die Krise nutzen als Chance für historische Schritte zu mehr Integration.“ Der deutsche Außenminister hatte den Kreis ins Leben gerufen und sich seit März mehrfach mit seinen Kollegen aus Belgien, Dänemark, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen Portugal und Spanien getroffen. Die Abschlusssitzung ist für Herbst geplant.

Kräfteverschiebung nach Brüssel

In der Wirtschafts- und Fiskalpolitik empfehlen die Außenminister mehr europäische Durchgriffsrechte auf nationale Haushalte und mittelfristig eine Übertragung von Souveränitätsrechten. Nicht einigen konnten sie sich darüber, ob es eine Gemeinschaftshaftung für Staatsschulden geben soll. Die deutsche Regierung lehnt solche Vorschläge entschieden ab.

Fortschritte mahnt die Gruppe auch in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik an, die sie mit Mehrheitsentscheidungen dynamischer machen will. Längerfristig sollte Europa demnach eine gemeinsame Armee aufbauen und sich um einen gemeinsamen Sitz in internationalen Organisationen wie dem UN-Sicherheitsrat bemühen. Allerdings lässt Frankreich keine Neigung erkennen, seinen ständigen Sitz im Rat aufzugeben.

Die Kräfteverschiebung hin nach Brüssel macht nach Ansicht der Minister eine stärkere demokratische Legitimierung der EU notwendig. Deshalb soll der Präsident einer verkleinerten Kommission direkt gewählt werden. Eine zweite Kammer neben dem Europäischen Parlament soll nationale Regierungen vertreten.

Als erstes Regierungsmitglied hatte Westerwelle am Montag angeregt, Griechenland mehr Zeit zur Umsetzung des Sparprogramms zu geben. Der Minister, der auf die im Wahlkampf verlorene Zeit verwies, wollte offenbar die Regierungsbildung in Athen durch ein positives Signal erleichtern. Eine Sprecherin des Finanzministers schloss sich dem nicht an. Die Troika entscheide über die Auszahlung von Tranchen nach der Regierungsbildung, sagte sie. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) deutete an, Athen könne bei der Erfüllung der Sparziele etwas mehr Zeit erhalten.

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