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Reform auf Wiedervorlage: Präsident Dmitri Medwedew beim Treffen mit dem liberalen Politiker Wladimir Ryschkow (links) und anderen Oppositionellen.

© AFP

Russland vor der Wahl: Moskaus Opposition enttäuscht von geplanter Reform

Unter dem Druck der Proteste gegen die offensichtlich gefälschten Parlamentswahlen hatte Russlands Präsident Dmitri Medwedew eine Reform des Wahlrechts versprochen. Doch die nun vorgestellten Pläne gehen der Opposition längst nicht weit genug. Viel Zeit bleibt dem Staatschef nicht mehr.

In Russland soll an diesem Mittwoch erstmals eine Arbeitsgruppe aus Vertretern von Präsidialamt und außerparlamentarischer Opposition zusammentreten, um den Feinschliff von Gesetzesentwürfen für politische Reformen zu besorgen. Dabei geht es vor allem um die vereinfachte Zulassung von Parteien und die Demokratisierung der Wahlgesetzgebung. Zu entsprechenden Zusagen hatte sich Noch-Präsident Dmitri Medwedew unter dem Druck der Massenproteste nach den manipulierten Parlamentswahlen im Dezember gezwungen gesehen.

Was er jetzt dazu konkret auf den Tisch legt, bleibt bisher jedoch weit hinter den Erwartungen zurück, die er damals geweckt hatte. Dem liberalen Politiker Wladimir Ryschkow jedenfalls stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, als er am Montagabend über die Ergebnisse eines zweieinhalbstündigen Treffens berichtete, zu dem der Kremlchef ausgewählte Vertreter nicht zugelassener Parteien geladen hatte. Demzufolge sind die angedachten Korrekturen erneut vor allem Kosmetik.

Zwar sollen künftig 500 Mitglieder für die Gründung einer Partei genügen. Derzeit müssen es 45 000 sein. Ob diese auch registriert wird, soll jedoch weiter das Justizministerium entscheiden, das in den vergangenen zehn Jahren nicht einmal ein halbes Dutzend Zulassungen vergab. Die Massenproteste hatten daher die Abschaffung des Genehmigungsverfahrens gefordert: Jede Information über die Gründung einer Partei müsse künftig automatisch die Zulassung nach sich ziehen. Auch die Wiedereinführung der Direktwahl der Gouverneure hatten sich die Protestler pur und ohne Korrektiv des Kreml vorgestellt. Der Gesetzentwurf indes soll den Präsidenten ermächtigen, unliebsame Kandidaten von der Liste zu streichen, bevor diese dem Wähler vorgelegt wird. Auch die angekündigte Rückkehr zu Direktmandaten, über die künftig die Hälfte der 450 Duma-Abgeordneten gewählt werden sollte, wurde inzwischen modifiziert. Bewerben dürfen sich nicht etwa Unabhängige, sondern lediglich die regionalen Gliederungen zugelassener Parteien.

Die außerparlamentarische Opposition hat bereits großen Nachbesserungsbedarf angemeldet. Medwedew dagegen drängt auf Tempo. Von der liberalen Opposition immer wieder wegen seines Zauderns bei der politischen Modernisierung kritisiert, wolle er, wie Ryschkow glaubt, sein vierjähriges Gastspiel im Kreml mit einem symbolträchtigen Akt beenden: Inkraftsetzung der Reformgesetze durch seine eigenhändige Unterschrift. Er muss sich sputen. Am 7. Mai wird sein Nachfolger vereidigt.

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