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Kontaktpflege: Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) im Gespräch mit dem Vize-Kronzprinz und Verteidignungsminister des Landes, Mohammed bin Salman.

© Rainer Jensen/dpa

Saudi-Arabien: Schmutzige Geschäfte und eine Portion Heuchelei

Verstöße gegen Menschenrechte, Krieg im Jemen, autoritäres Regime: Warum Waffendeals und eine militärische Kooperation mit Saudi-Arabien falsch sind. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Christian Böhme

Miteinander reden ist an sich eine gute Sache. Aber wirklich sinnvoll sind nur jene Gespräche, bei denen das Gesagte auch Gehör findet. Ob das bei dem Treffen von Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen mit Vertretern der saudischen Führung der Fall war, darf bezweifelt werden.

Bisher jedenfalls perlt am sunnitischen Königshaus jede Kritik ab. Es ist zumindest nicht bekannt, dass in der Vergangenheit Worte etwas bewirkt hätten. Die Herrscher gehen vielmehr nach einem kurzen Kopfschütteln über das ihrer Auffassung nach nutzlose Gerede wieder zum Alltag über. Dazu gehören der Export der rigiden wahabitischen Lehre ebenso wie die (diskrete) Unterstützung von Islamisten und Terroristen, ein blutiger Feldzug im Jemen sowie massive Verstöße gegen grundlegende Menschenrechte im eigenen Land.

Verdrängen und Wegsehen

Nun hat Leyen eigenem Bekunden zufolge diese Missstände angesprochen. Aber das ist nicht mehr als fester rhetorischer Bestandteil eines jeden offiziellen Besuchs in Riad. Denn im Vordergrund steht stets anderes: Es geht um Geschäfte, politische wie wirtschaftliche. Und die sind allzu oft schmutzig.

Nach wie vor gilt Saudi-Arabien als treuer, wichtiger Verbündeter des Westens, als Anker der Stabilität. Was immer wieder mit den komplexen „realpolitischen“ Gegebenheiten der Krisenregion Nahost begründet wird. Doch diesem Hinweis haftet eine große Portion Heuchelei an. Es klingt nach einer billigen Ausrede, die das eigene Verdrängen und Wegsehen kaschieren soll. Und das ist es auch.

Die sunnitische Monarchie gilt zum Beispiel als Partner im Kampf gegen den Terror. Doch kann das Königshaus glaubhaft Extremisten bekämpfen, wenn es selbst etwa in Syrien die Dschihadisten der Nusra-Front päppelt? Die Saudis sind in dem grausamen Konflikt Partei, also Teil des Problems.

Munition für den Krieg im Jemen

Verwerflich ist auch der Export von Waffen. Seit Jahren wird viel Kriegsgerät Made in Germany an Riad geliefert. Die „restriktive“ Rüstungspolitik hat daran nur bedingt etwas geändert. Aber es ist längst kein Geheimnis mehr, dass die saudische Militärallianz Munition aus dem Westen gegen die schiitischen Huthi-Rebellen im Jemen einsetzt. Nun soll die Bundeswehr auch noch Angehörige der königlichen Streitkräfte ausbilden. Eine Schulung für Offiziere, die ein autoritäres Regime aktiv stützen? Das geht zu weit.

Angebracht wäre vielmehr eine eindeutige Ansage. Gerade wenn es um Grundrechte geht. Hinrichtungen, Steinigungen, Peitschenhiebe statt Meinungs- und Versammlungsfreiheit oder Frauenrechten – so sieht die Realität im Königreich aus. Solches Unrecht muss beim Namen genannt werden. Auch wenn klar ist, dass aus dem Golfstaat nicht über Nacht eine Demokratie wird.

Freiheit für Badawi

Doch eine Geste des guten Willens darf, ja muss ein Verbündeter wie Deutschland einfordern. Raif Badawi sitzt seit zwei Jahren im Gefängnis, weil er den Islam beleidigt haben soll. 50 lebensbedrohliche Stockhiebe musste der Blogger erleiden. Weitere Folter droht ihm. Wenn den Saudis tatsächlich an einer echten Partnerschaft gelegen ist, dann sollte Badawi noch heute freikommen. Dann hätte sich das viele Reden ein wenig gelohnt.

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