zum Hauptinhalt

Occupy-Bewegung: Sicherheitsabstand zu den Parteien

Die Politik springt auf die Occupy-Welle auf. Die Bewegung will sich aber nicht von Parteien vereinnahmen lassen. Gegen Unterstützung hat sie allerdings nichts.

Es waren zu viele, um sie zu ignorieren. Zehntausende gingen am Samstag in Berlin, Frankfurt am Main und anderen deutschen Städten auf die Straße – und nicht nur ein paar Hundert, wie zuvor angekündigt. Die Occupy-Welle, die mehr Regulierung der Finanzmärkte und mehr direkte Demokratie fordert, schwappte am Wochenende mit größerer Wucht von den USA nach Deutschland als angenommen – und sie könnte weiter anschwellen. Denn auch Politiker wollen mitreden und nehmen den Protest der Demonstranten ernst. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte am Wochenende, er beobachte die Demonstrationen „mit großer Aufmerksamkeit“, und SPD-Chef Sigmar Gabriel plädierte für eine Trennung von Investmentbanking und Geschäftsbanken.

Dabei ist es vor allem die Politik, die bei den Protesten am Pranger steht. Sie sei dafür verantwortlich, dass die Finanzmärkte unreguliert wüten und Staaten vor sich hertreiben könnten, sagen die Initiatoren. Deshalb fordert die Organisation „Echte Demokratie jetzt!“, die mit zu den Demonstrationen am Samstag aufgerufen hatte, mehr als nur die Regulierung der internationalen Finanzmärkte. „Echte und wahre Demokratie, die vom Volk ausgeht, ist der Grundgedanke unserer Bewegung“, sagt Michael Pfeiffer von „Echte Demokratie jetzt!“.

Von Parteien jeglicher Couleur will sich die Occupy-Bewegung nach eigenen Aussagen nicht vereinnahmen lassen – auch wenn deren Unterstützung nicht unwillkommen ist. „Die Parteien dürfen sich natürlich mit uns identifizieren, sie sollten aber unsere Aktionen nicht als Werbeveranstaltung für sich benutzen“, sagt Pfeiffer. „Wir haben klargemacht, dass bei uns Einzelpersonen und nicht Parteien mitmachen“, sagt auch Wolfram Siener, Sprecher der Bewegung „Occupy Frankfurt“. Bei Aussagen von Politikern, die sich jetzt zu den Forderungen der Bewegung äußern, sei er „sehr vorsichtig“. „Zu Grünen, Linken und den Piraten haben wir Kontakte. Wenn die jetzt Aussagen machen, glaube ich denen das. Wenn aber jetzt andere reagieren, ist das meiner Meinung nach heiße Luft“, sagt Siener.

Die Linke hat ihre Mitglieder offensiv zur Teilnahme an den Protesten aufgerufen. Allerdings seien diese nicht als einheitlicher Parteiblock dort angetreten, sagt Linken-Sprecher Alexander Fischer. „Wir unterstützen die Bewegung politisch, aber wir respektieren, dass sie parteiunabhängig bleiben will.“ Offenbar eine Gratwanderung, bei der die Parteien auch im Eigeninteresse nicht zu großes Engagement zeigen sollten, wenn es nach den Organisatoren geht. „Wenn sich eine Partei zu sehr in den Mittelpunkt drängt, würde sie von der Bewegung abgelehnt werden“, sagt Sprecher Siener.

Auch Mitglieder der Jugendorganisation der Sozialdemokraten liefen bei Demonstrationen in Frankfurt, Berlin und anderen Städten mit. „Wir sind jedoch nicht als Parteiorganisation dort aufgetreten. Das war von den Organisatoren der Demonstrationen explizit nicht erwünscht“, sagt Sascha Vogt, Juso-Vorsitzender. Von den SPD-Mitgliedern fordern die Jungen, dass sie sich an weiteren Protesten beteiligen. „Die SPD muss einerseits Teil der Bewegung sein und andererseits die Forderungen der Bewegung von der Regierung einfordern oder, wenn es einen Regierungswechsel gibt, umsetzen“, sagt Vogt. Auch die Grüne Jugend sei „auf jeden Fall bei der Demokratiebewegung und der Forderung konsequenter Bankenregulierung dabei“, sagt Sina Doughan, Sprecherin der Jugendorganisation der Grünen.

Den jungen Liberalen (Julis) bereitet die Einordnung der Proteste momentan noch Schwierigkeiten. Man wolle damit lieber noch bis zum Bundeskongress am kommenden Wochenende warten, sagt der Sprecher der Julis Johannes Wolf.

Inhaltlich am nächsten stehe die Bewegung den Piraten, sagt Pfeiffer von „Echte Demokratie jetzt!“. Für die Berliner Piraten ist das Engagement aber eher eine individuelle Entscheidung. „Wir rufen nicht zur Teilnahme an den Demonstrationen auf. Ob jemand mitlaufen will, ist ihm selbst überlassen“, sagt deren Sprecher Ben de Biel. Die Frankfurter Piraten unterstützten dagegen schon vor dem Wochenende auf ihrer Webseite den Demonstrationsaufruf für ihre Stadt.

Und selbst von ganz oben kam am Montag Unterstützung: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ ihren Sprecher Steffen Seibert ausrichten, für die Proteste habe sie „großes Verständnis“.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false