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Eine Frau in einer Burka geht über den Odeonsplatz in München. Völlig unklar ist, wie viele Frauen sich voll verschleiern.

© Archivfoto.

Sicherheitsdebatte in Deutschland: Auch Bundespräsident Gauck ist gegen ein Burka-Verbot

In der Debatte um ein Verbot der Vollverschleierung teilt der Bundespräsident die ablehnende Haltung von Innenminister de Maizière. Der CDU-Innenexperte Bosbach sieht dagegen Sicherheitsrisiken.

Bundespräsident Joachim Gauck ist gegen ein Verbot der Vollverschleierung in Deutschland. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) habe ganz nüchtern klargestellt, dass ein Burka-Verbot mit ihm nicht zu machen sei, sagte Gauck dem ZDF: „Da kann ich doch gut mit leben.“ Man müsse immer genau hinschauen, woher eine Bedrohung komme und ob sie die Einschränkung bürgerlicher Freiheiten rechtfertige.

In dem Interview, das das ZDF am Sonntagabend komplett ausstrahlen wollte, äußerte sich Joachim Gauck ebenso zustimmend dazu, dass de Maizière Forderungen nach einer Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft zurückgewiesen hatte. De Maizière hatte dem Tagesspiegel gesagt: „Ganz grundsätzlich rate ich uns allen, die Debatte um Sicherheit ruhig und besonnen zu führen. Das Land müsse zusammengehalten werden. „Spaltung ist das Geschäft der AfD“, sagte er.

Im Zusammenhang mit vom Bundesinnenminister geplanten Gesetzesverschärfungen zur Terrorabwehr hatten Unionspolitiker wiederholt gefordert, die Vollverschleierung von Frauen in Deutschland zu verbieten. Zu einem möglichen Burka-Verbot hatte de Maizière gesagt, er habe mit vielen Verfassungsrechtlern gesprochen, der Großteil halte ein allgemeines Verbot der Vollverschleierung für nicht verfassungsgemäß. Zudem sei fraglich, ob ein Verbot nicht in die Zuständigkeit der Länder fiele. Das berge die Gefahr eines „Flickenteppichs“ unterschiedlicher Regelungen. Persönlich finde er allerdings: „In einer offenen und demokratischen Gesellschaft zeigt man sein Gesicht.“

Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel lehnt ein Verbot ab

SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte am Sonntag im Deutschlandfunk, er sei froh, darüber, dass de Maiziere „diesen Überbietungswettbewerb mit Symbolthemen wie Burka-Verbot oder Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft“ nicht mitmache. „Ich persönlich finde die Burka auch schrecklich“, ergänzte er. Aber ein Verbot würde „die Frauen nur aus dem öffentlichen Raum heraus verdrängen, die dürften dann ihr Zuhause nicht mehr verlassen. Und es hilft uns auch nicht im Kampf gegen Terror.“ Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) sprach sich gegen ein Burka-Verbot aus. „An der Sicherheitslage in Deutschland ändert das Verbot eines Kleidungsstücks rein gar nichts“, sagte Müller der „Bild am Sonntag“. Zwar finde er persönlich Burkas problematisch, weil sie jede Form der Persönlichkeit und Individualität verschleierten. Dennoch lehne er den Vorstoß von Unionspolitikern für ein Verbot ab. „Zu unserer freien Gesellschaft gehört auch, mit der Burka tolerant umzugehen, selbst wenn es schwerfällt.“

CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach sprach sich dagegen für ein Verschleierungsverbot aus. „Keine Toleranz gegenüber der Intoleranz“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“. Das Tragen der Burka sei „mit Sicherheitsrisiken verbunden, die man nicht unterschätzen sollte“. Es sei „sowohl Ausdruck mangelnder Gleichberechtigung von Frauen“ als auch ein ganz bewusstes Zeichen einer zivilisatorischen Abgrenzung gegenüber den Normen und Werten der deutschen Gesellschaft und „ein Symbol fehlender Integrationsbereitschaft“.

Aiman Mazyek spricht von einer „Burkaisierung der Innenpolitik"

Islamwissenschaftler Bassam Tibi nannte in der „Bild“ ein Burka-Verrbot „eine kluge politische Maßnahme gegen Abschottung in Parallelgesellschaften, für eine Integration im Sinne von Inklusion muslimischer Migranten und für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland“. Tibi betonte, die Burka diene als „zivilisatorische Abgrenzung“. Ein Verbot stehe nicht im Widerspruch zum Respekt für einen offenen, demokratischen Islam.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, kritisierte im rbb eine „Burkaisierung der Innenpolitik“, die er wahrnehme. In Deutschland seien kaum Frauen vollverschleiert unterwegs, ergänzte Mazyek - und ließ sich auf eine Wette ein: „Einen Kasten Ayran, dass niemand hier in Deutschland mehr als fünf Burkaträgerinnen insgesamt auffindet“, sagte er dem Sender. Ayran ist ein beliebtes joghurthaltiges Erfrischungsgetränk. Wie viele Frauen tatsächlich in Deutschland von einem Burka-Verbot betroffen wären, ist nicht bekannt. Die Art der Verschleierung wird nirgendwo statistisch erfasst. Mazyek ist jedoch überzeugt, dass es nur sehr wenige Frauen in Deutschland gibt, die in entsprechender Vollverschleierung auf die Straße gehen.

Politiker von Grünen und Linken sprachen unterdessen von populistischer Symbolpolitik, die verfassungsrechtlich bedenklich sei. Auch die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), warnte vor Symboldebatten. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen Attentätern und einer Burka, und den betroffenen Frauen helfe „dieses Gerede“ nicht.

Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Julia Klöckner, Finanzstaatssekretär Jens Spahn (CDU) und Berlins CDU-Chef Frank Henkel sind weiter für ein Vollverschleierungsverbot, ebenso die Gewerkschaft der Polizei. (epd/KNA)

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