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Politik: Sorge um die Sicherheit der Truppen

Was die Experten der Parteien meinen

Von Michael Schmidt

Berlin - Nach der Veröffentlichung von zehntausenden Geheimakten zum Militäreinsatz in Afghanistan machen sich deutsche Politiker vor allem Sorgen wegen möglicher Auswirkungen auf die Sicherheit der Truppen am Hindukusch.

Ruprecht Polenz (CDU), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, zeigte sich zwar einerseits „beruhigt“, dass die Geschichte des Afghanistankrieges „nicht neu geschrieben werden muss“, da die Dokumente „alles in allem, von kleineren Ausnahmen abgesehen, der offiziellen Darstellung der Regierung“ nicht widersprächen. Gleichwohl handele es sich bei dem Geheimnisverrat um einen „Skandal“ mit möglicherweise weitreichenden Auswirkungen: „So etwas darf nicht passieren“, sagte Polenz dem Tagesspiegel am Montag. Für „militärisch bedeutsam“ halte er den Vorgang, weil „die Taliban aus der Beschreibung zurückliegender Operationen auf das künftige Vorgehen der Alliierten schließen und sich darauf einstellen“ könnten. „Sicherheitspolitisch problematisch“ könnte sich nach Auffassung des CDU-Politikers der Vorgang auf die Gefährdungssituation der Soldaten und Entwicklungshelfer in Afghanistan auswirken. Und auf die US-Administration sieht Polenz „eine Menge Arbeit zukommen“. So gelte es nun, diplomatische Verwerfungen etwa im Verhältnis zu Pakistan und der Regierung in Kabul zu glätten, die in den Berichten nicht immer gut wegkommen. Und auch das Vertrauen der Partner habe gelitten, die müsse man nun davon überzeugen, dass eine Wiederholung ausgeschlossen sei.

Rainer Arnold sieht ebenfalls die Gefahr, dass die Veröffentlichung neue Risiken gebäre. Er sei „alles andere als glücklich“ über den Vorgang, „solche Details machen künftige Einsätze nicht leichter“, sagte der Verteidigungsexperte der SPD. Elke Hoff, seine liberale Kollegin im Verteidigungsausschuss des Bundestages, nannte es „besorgniserregend“, dass die Informationen „ausgerechnet in dieser besonders schwierigen Lage in Afghanistan durchgestochen werden“. Das zeuge von fehlendem Fingerspitzengefühl aufseiten jener, die die Dokumente öffentlich gemacht hätten „ohne Rücksicht auf die Soldaten im Einsatz“. Die US-Administration unter Präsident Barack Obama müsse sich fragen, da die Informationen offensichtlich von Insidern stammten, wer ein Interesse an ihrer Veröffentlichung haben könnte – und welches.

Omid Nouripour, verteidigungspolitischer Sprecher der Grünen, kritisierte vor allem die Informationspolitik der Bundesregierung. Er nannte es „ein starkes Stück“, dass er auf diesem Wege „von auch die Bundeswehr betreffenden Geschichten“ erfahre, die ihm so bisher nicht bekannt gewesen seien. Für ihn ergäben sich daraus eine Reihe „neuer Fragen an die Bundesregierung“, vor allem: „Warum hat man uns Abgeordneten diese Informationen nicht weitergegeben?“ Entweder, sagte Nouripour dem Tagesspiegel, „hat man uns belogen, was den Informationsfluss der Amerikaner an die deutsche Regierung anbelangt – oder die Regierung hat uns belogen, indem sie uns diese Informationen vorenthalten hat“.

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