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Sozialpolitik: SPD will mehr Kindergeld für Geringverdiener

Die SPD will Kleinverdienern mehr Kindergeld bezahlen, wenn sie die Bundestagswahl gewinnt. Der Satz soll auf bis zu 324 Euro steigen – für Hartz-IV-Empfänger ändert sich aber nichts. Die Grünen sind skeptisch.

Von Antje Sirleschtov

Profitieren sollen von den SPD-Plänen Familien, die im Monat weniger als 3000 Euro brutto verdienen. Allerdings wird ihr Kindergeld wohl nur unwesentlich über dem gültigen Pauschalbetrag von 184 Euro liegen. Mit abnehmendem Einkommen soll das neue SPD-Kindergeld indes auf einen Betrag von maximal 324 Euro anwachsen. Für Hartz-IV-Empfänger soll sich nichts ändern.

Kosten sollen die Pläne der SPD zwischen zwei und drei Milliarden Euro pro Jahr, wobei die Abschaffung des Steuerfreibetrags für die Ausbildung von Kindern, den es seit 2002 gibt, schon eingerechnet ist. Für die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig ist das „neue Kindergeld“ eine „sozialpolitische Flankierung, damit der gesetzliche Mindestlohn bei Familien überhaupt zu spürbaren Verbesserungen führt“.

Die Grünen zeigten sich am Mittwoch zurückhaltend. Die Pläne führten „in die falsche Richtung“, kommentierte ihre Finanzpolitikerin Lisa Paus. Die Grünen wollen lieber das Ehegattensplitting abschmelzen und die frei werdenden Mittel in eine Kindergrundsicherung investieren, bei der jedes Kind, unabhängig vom Einkommen seiner Familie, die gleiche Unterstützung vom Staat erhält.

Worum es der SPD mit dem „neuen Kindergeld“ geht, ist zweierlei: Zum einen will sie die Ungerechtigkeit abschaffen, die darin liegt, dass Eltern mit höherem Einkommen eine höhere staatliche Förderung erhalten als Kleinverdiener-Familien. Und zum anderen will sie, dass die Einführung eines Mindestlohns von 8,50 Euro, die sie plant, auch Familien und nicht nur Singles aus dem Hartz-IV- Bezug herausholen kann. Letzteres, so hat Schwesig in ihrem Kindergeldkonzept dargestellt, sei nämlich nur möglich, wenn der Mindestlohn bei einer 38,5-Stunden-Woche für Ehepaare mit einem Kind mindestens 10,42 Euro und für Unverheiratete mit einem Kind sogar mindestens 12,28 Euro beträgt. Wenn die SPD jetzt den Kinderzuschlag abschafft, den Eltern beantragen können, die arbeiten, aber weniger als den Hartz-IV-Satz verdienen, und das Geld zur Finanzierung des „neuen“ Kindergeldes nutzt, dann hätte das eine problematische Folge: Eltern mit einem Kind, die beide Vollzeit arbeiten und mindestens 8,50 Euro verdienen, rutschen über die Einkommensschwelle, unter der sie vom Arbeitsamt ergänzende Hilfe bekämen.

Die Ungerechtigkeit, die die SPD im Kindergeldbezug sieht, hängt mit der Progression im Steuersystem zusammen, in dem die Steuersätze mit zunehmendem Einkommen steigen. Für jedes Kind steht ein steuerfreier Existenzminimum-Betrag zur Verfügung, dessen „Wert“ durch die Progression des Systems ansteigt. Weil Geringverdiener nicht in den Genuss dieses steuerfreien Existenzminimums kommen, hat der Gesetzgeber das Kindergeld als Vorauszahlung auf das Existenzminimum erfunden. Bei Besserverdienern wird das Kindergeld zum Jahresende seither mit dem Kinderfreibetrag verrechnet.

Bei ihrer Klausurtagung in Hannover beschloss die SPD-Bundestagsfraktion am Mittwoch außerdem, mehr Geld in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Auch ist vorgesehen, den Mietanstieg bei der Neuvermietung von Wohnungen auf höchstens zehn Prozent zu deckeln und die jährlich möglichen Mietsteigerungen bei Altverträgen zu senken.

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