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Die Wahlen laufen. In Frankreich und Griechenland geht es um die Zukunft des Euros und der EU.

© AFP

Sparkurs von Angela Merkel auf der Kippe: Wahlen in Paris und Athen entscheiden über Europas Weg

Gleich vier Wahlen finden am heutigen Sonntag in Europa und Deutschland statt. Die neuen Regierungen in Frankreich und Griechenland könnten für Angela Merkel und ihre Sparpolitik zum Problem werden.

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Berlin - Der absehbare Machtwechsel bei den Wahlen in Frankreich und Griechenland belebt die deutsche Debatte über den richtigen Kurs in der Europapolitik neu. Koalitionspolitiker warnten unmittelbar vor den Entscheidungen an diesem Sonntag davor, die Sparanstrengungen zu vernachlässigen. Hingegen bekräftigte die SPD die Erwartung, dass sich der Sozialist Francois Hollande als künftiger französischer Präsident für Wachstumsimpulse stark machen wird. Mit einem prinzipiellen Kurswechsel rechnet in Berlin allerdings niemand. Auch Euro- Kritiker wie der CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach zeigten sich davon überzeugt, dass Frankreich keine Neuverhandlung des Fiskalpakts fordern wird. „Da wird Realismus einkehren“, sagte Bosbach dem Tagesspiegel am Sonntag.

Hollande geht mit klarem Vorsprung vor Amtsinhaber Nicolas Sarkozy in die Stichwahl. In Griechenland sagen die – erfahrungsgemäß aber nicht sehr zuverlässigen – Umfragen vielen Splitter- und Oppositionsparteien starke Zugewinne voraus. Daher gilt eine große Koalition der konservativen Nea Democratia mit den Sozialisten als wahrscheinlichste neue Regierung. Gewählt wird überdies in Serbien. In Deutschland stellt die Landtagswahl in Schleswig-Holstein vor allem die FDP vor eine Bewährungsprobe.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte die Euro-Zone davor, Konjunkturprogramme mit neuen Schulden zu finanzieren. „Das wäre so wie ein Schwur, sich bessern zu wollen, aber vorher noch etwas zu sündigen“, sagte Schäuble dem Magazin „Focus“. Strukturreformen könnten durchaus zu Wachstum beitragen. Bosbach warnte ebenfalls davor, unter der „sympathischen Überschrift“ eines Wachstumspakts vom Kurs der Haushaltssanierung abzugehen. „Da dürfen wir keine Kompromisse um des lieben Friedens willen eingehen“, sagte der CDU-Politiker.

Hingegen betonte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier, „fantasieloses Sparen“ reiche nicht als Antwort auf die Krise in Europa. Die SPD sei sich mit Hollande einig, dass die Finanzmärkte besteuert und so Mittel für ein Wachstumsprogramm beschafft werden müssten. Steinmeier zeigte sich aber im Interview mit der „WAZ“-Gruppe zugleich davon überzeugt, dass Hollande „pragmatisch“ vorgehen und die Gemeinsamkeit mit Deutschland suchen werde.

Wirtschaftsprofessoren fordern unterdessen eine Kehrtwende in der Griechenlandpolitik. Griechenland sei nicht in der Lage, sich aus eigener Kraft gegen die Profiteure der Krise zu wehren, sagte der Chef des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, Thomas Straubhaar, dem Tagesspiegel am Sonntag. „Aus diesem Grund wäre es klug, darauf hinzuarbeiten, Griechenland zu einem europäischen Protektorat zu machen.“ Nötig seien „Rat und tatkräftige Unterstützung bei der Schaffung funktionsfähiger staatlicher Strukturen“ auch durch Personal aus anderen EU-Staaten. Der Ökonom verlangte zugleich diplomatisches Feingefühl, „um nationalen Stolz, Eitelkeiten und den Widerstand von Interessengruppen bei der Neugründung Griechenlands zu überwinden“.

Rudolf Hickel, Professor für Politische Ökonomie in Bremen, forderte einen „mutigen Herkulesplan“. Schwerpunkte müssten auf „modernen Wirtschaftsstrukturen mit kleineren und mittleren Unternehmen, Anschluss an die internationale Wettbewerbsfähigkeit sowie der Nachhaltigkeit dienenden Innovationsprojekten und dem Ausbau der öffentlichen Infrastruktur“ liegen.

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