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Er ist weiter da: Thilo Sarrazin meldet sich in der Debatte um Flüchtlinge zu Wort.

© Thilo Rückeis

SPD-Politiker: Thilo Sarrazin will Balkanflüchtlinge ohne Asylverfahren abschieben

Der ehemalige Berliner Finanzsenator und heutige Buchautor Thilo Sarrazin meldet sich mit Kritik an der Flüchtlingspolitik der Bundesregierung zurück.

Der frühere Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin hat die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung scharf kritisiert. Zuwanderer aus dem Balkan sollten „im Wesentlichen“ ohne Asylverfahren sofort abgeschoben werden, sagt Sarrazin in einem Gespräch mit der Wochenzeitung "Die Zeit".

Das Asylrecht müsse „so eingeschränkt werden, dass es für politische Aktivisten gilt oder für Menschen, die im Rahmen eines Völkermords verfolgt werden, aber nicht für jeden, der in einer Diktatur oder einer unvollkommenen Demokratie irgendwie unterdrückt wird“, so Sarrazin weiter. „Ein Asylrecht wie das gegenwärtige bedeutet, dass im Grunde 80 Prozent der Weltbevölkerung wegen ihrer heimatlichen Verhältnisse bei uns sein können. Das ist auf Dauer nicht haltbar.“

Verantwortung für die Flüchtenden trügen in erster Linie die arabischen Nachbarstaaten sowie die Golfstaaten und Saudi-Arabien, „die vor Geld stinken und keinen einzigen fremden Araber und Glaubensgenossen aufnehmen“, sagt Sarrazin, Autor des Bestsellers ‚Deutschland schafft sich ab‘, der nach einem gescheiterten Ausschlussverfahren nach wie vor Mitglied der SPD ist.

Es sei „ein Skandal politischer Unfähigkeit und Fantasterei, dass die Politik dreißig Jahre nach dem ersten Schengen-Abkommen nicht verstanden hat, dass man interne Grenzkontrollen nur abbauen kann, wenn man die äußeren Grenzen wirksam kontrollieren kann.“ Dies sei technisch „absolut möglich“.

Sarrazin fordert zudem eine Reihe von Maßnahmen, um den Zuzug weiterer Flüchtlinge zu stoppen und spricht sich dafür aus, solange keine der neuen EU-Hilfen an Griechenland auszubezahlen, „ehe nicht die Griechen ihre Pflichten aus dem Dublin-Abkommen voll erfüllen. Die sollen Lager einrichten auf Kos und auf Rhodos oder wo auch immer, grenznah“. Polen, Tschechien und England müsse man dazu bringen, im Verhältnis zur Bevölkerung genauso viele Flüchtlinge aufzunehmen wie Schweden und Deutschland.

Sarrazin beklagt "gewaltigen Meinungsdruck"

Der Ex-Senator beklagt, „dass durch die emotionale und völlig einseitige Berichterstattung der Medien, vor allem des Fernsehens, ein gewaltiger Meinungsdruck in dieser Frage hergestellt wird. (…) Die allermeisten trauen sich vermutlich gar nicht mehr, ihre Ängste und Meinungen offen auszusprechen.“ Es gebe eine große unterdrückte Wut auf die „konzeptionslose und verfehlte Regierungspolitik in Sachen Einwanderung und Flüchtlinge“, die keineswegs auf Sachsen beschränkt sei.

Angesichts der hohen Zuwanderung durch Flüchtlinge hatte Sarrazin zuvor schärfere Kontrollen der EU-Außengrenzen gefordert. Wenn Flüchtlinge eine staatliche Grenze nicht überschreiten dürften, verstoße das „in keiner Weise gegen die Menschenwürde“, sagte Sarrazin der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Vielmehr bewirke dieser Umstand, dass zahlreiche Menschen gar nicht erst ihre Heimat verließen. Die Sicherung von Grenzen sei in Geschichte und Gegenwart stets Voraussetzung für ein prosperierendes Gemeinwesen gewesen.

Der Westen trägt nach Ansicht Sarrazins durch Interventionen etwa im Irak und in Libyen eine Mitschuld an der derzeitigen Flüchtlingskrise. „Ich kenne keinen einzigen militärischen Eingriff des Westens außerhalb Europas seit dem Zweiten Weltkrieg, der nicht zu mehr Unheil führte, als er Segen gebracht hätte“, erklärte der Volkswirt und frühere Bundesbank-Vorstand.

Er forderte zugleich ein einheitliches europäisches Asylrecht. Die Verteilung der Asylbewerber müsse sich nach den Bevölkerungsanteilen der Mitgliedstaaten richten, sagte der Autor des Buches „Deutschland schafft sich ab“. (mit epd)

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