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Politik: Stoiber beschimpft Wähler im Osten – die CDU ist empört Merkel: Das ist kontraproduktiv

Bayerns Ministerpräsident fühlt sich missverstanden

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Berlin - Mit abschätzigen Äußerungen über die Wähler in Ostdeutschland hat der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber den Bundestagswahlkampf der Union aus dem Tritt gebracht. Wie jetzt bekannt wurde, sagte Stoiber am Donnerstag vergangener Woche auf einem Dorffest in Argenbühl in Baden-Württemberg, er akzeptiere es nicht, „dass letzten Endes erneut der Osten bestimmt, wer in Deutschland Kanzler wird“. Es dürfe nicht sein, „dass letztlich die Frustrierten über das Schicksal Deutschlands bestimmen“.

Bei Stoibers umstrittener Aussage handelte es sich offenbar nicht um einen einmaligen Ausrutscher. Laut Bayerischem Rundfunk sagte der CSU-Chef auf einer Wahlkampfveranstaltung am Mittwochabend: „Wenn es überall so wäre wie in Bayern, hätten wir überhaupt keine Probleme. Nur, meine Damen und Herren, wir haben leider nicht überall so kluge Bevölkerungsteile wie in Bayern.“ Er fügte hinzu: „Ich will nicht, dass noch einmal im Osten die Wahl entschieden wird.“

Unions-Kanzlerkandidatin Angela Merkel distanzierte sich von Stoibers Äußerungen. „Wählerbeschimpfung ist das Falsche“, sagte sie am Abend im ZDF. „Und alles, was dazu beiträgt, dass Deutschland eher wieder gespalten wird als dass wir zur Einheit kommen, ist völlig kontraproduktiv“. Heftige Kritik übten vor allem ostdeutsche Christdemokraten. Bemerkungen wie die des CSU- Chefs würden noch „den gutwilligsten Ostdeutschen auf die Palme treiben“, sagte die Thüringer CDU-Bundestagsabgeordnete Vera Lengsfeld dem Tagesspiegel. Zugleich machte sie Stoiber für eine mögliche Niederlage der Union am 18. September verantwortlich: „Wenn wir die Wahl nicht gewinnen und in eine große Koalition gezwungen werden sollten, dann sind solche Bemerkungen die Ursache.“ Ex-Generalsekretär Ruprecht Polenz warf Stoiber indirekt vor, der Linkspartei in die Hände gespielt zu haben. „Das eröffnet der PDS weitere Möglichkeiten zur Polemik und Agitation“, sagte er dem Tagesspiegel. CDU-General Volker Kauder reagierte verstimmt, wollte sich aber nicht öffentlich äußern.

Auch bei SPD, Grünen, Linkspartei, und FDP lösten die Äußerungen Empörung aus. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sagte, Stoibers Äußerung zementiere die Spaltung und beleidige Menschen, die ein „Leben unter schwierigeren Bedingungen vorzuweisen haben, als wir es im Westen hatten“. Dieses Leben dürfe man „nicht so niedermachen, wie Edmund Stoiber es getan hat“. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) forderte Stoiber auf, sich „schleunigst für diesen neuerlichen Versuch der Spaltung Deutschlands zu entschuldigen“. Der Vorsitzende der Linkspartei, Lothar Bisky, sagte, Stoiber beleidige viele Ostdeutsche. „Und die werden es bis zum 18. September nicht vergessen.“ Linkspartei-Spitzenkandidat Oskar Lafontaine nannte Stoiber „den Frustrierten“, der nicht bestimmen dürfe, wer in Deutschland regiere.

Stoiber selbst wies den Vorwurf der Wählerbeschimpfung zurück. „Meine Äußerungen werden missgedeutet“, sagte er der „Bild"-Zeitung. „Ich beschimpfe niemanden. Ich möchte wachrütteln.“ Seine Bemerkung über die „Frustrierten“ relativierte er: „Ich meine damit die Alt-Frustrierten Lafontaine und Gysi, die aus der Verantwortung und ihren Ämtern regelrecht geflohen sind.“

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