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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat in einem Streit um die künstliche Ernährung eines Wachkoma-Patienten die passive Sterbehilfe zugelassen.

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Update

Straßburg: Menschenrechtsgericht billigt passive Sterbehilfe für Franzosen

In Frankreich darf die künstliche Ernährung eines Wachkoma-Patienten eingestellt werden. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden - und damit womöglich einen Präzedenzfall für passive Sterbehilfe geschaffen.

Der französische Komapatient Vince Lambert darf sterben. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am Freitag eine Beschwerde seiner Eltern abgewiesen, mit der diese erreichen wollten, dass 39-Jährige weiter am Leben gehalten werden muss. Lambert ist der bekannteste und umstrittenste Sterbehilfefall in Frankreich. Das höchste Verwaltungsgericht des Landes hatte ein Abschalten der Maschinen auf Antrag von Lamberts Ehefrau ursprünglich genehmigt. Der EGMR verfügte im Sommer 2014 jedoch, dass er vorläufig weiter künstlich ernährt werden müsse.

Lambert, der selbst als Krankenpfleger arbeitete, ist seit einem Motorradunfall im Jahr 2008 gelähmt. Seine Frau Rachel fordert, die künstliche Ernährung abzustellen. Seine Mutter Viviane und deren Mann kämpfen jedoch darum, dass ihr Sohn am Leben bleibt. Vier der sechs Geschwister Lamberts stehen auf ihrer Seite, zwei an der der Eltern. Eine Patientenverfügung gibt es nicht. Lamberts Frau beteuert jedoch, ihr Mann habe erklärt, unter solchen Umständen niemals weiterleben zu wollen.

Der EGMR stellte nun fest, das auf Grundlage eines Sterbehilfegesetzes von 2005 ergangenen Urteil sei keine Verletzung des Rechts auf Leben nach der Europäischen Menschenrechtskonvention. Die Richter betonten, das Gesetz, das passive Sterbehilfe ausdrücklich zulässt, sei hinreichend klar und präzise. Es handele sich um einen rechtlich, medizinisch und ethisch höchst komplizierten Fall, weshalb es zunächst Sache der französischen Behörden und der Justiz sei, darüber zu entscheiden. Da es unter den europäischen Ländern keinen klaren Konsens zur Regelung solche Fragen gebe, hätten die Mitgliedsländer der Menschenrechtskonvention hier einen großen Einschätzungsspielraum.

Der Fall hatte in Frankreich die Debatte neu entfacht. Im März billigte die Nationalversammlung eine Änderung des Gesetzes, wonach eine „tiefe und kontinuierliche Sedierung“ für unheilbar Erkrankte in bestimmten Situationen erlaubt ist. Die Abgeordneten stimmten auch für die Einführung einer verbindlichen Patientenverfügung.

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