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Zuhören heißt nicht folgen. FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger lauscht den Erklärungen von Kanzlerin Angela Merkel – will aber dennoch Entlastungen der Mitte. Foto: dpa

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Regierungskoalition: Streit um Steuersenkungen flammt wieder auf

Angela Merkel sieht Steuerentlastungen skeptisch. Der kleine Partner FDP zweifelt wiederum an der Äußerung der Kanzlerin. So geht der Streit um Steuersenkungen in eine neue Runde.

Berlin - In der schwarz-gelben Koalition flammt der Streit um Steuersenkungen wieder auf. Führende FDP-Politiker beharrten am Wochenende auf Entlastungen für untere und mittlere Einkommen. Sie widersprachen damit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die sich in einem Interview skeptisch zu weiteren Steuersenkungen geäußert und statt dessen Finanzhilfen für die Kommunen in Aussicht gestellt hatte.

Die Kanzlerin sieht trotz steigender staatlicher Einnahmen „weiterhin keine Spielräume für Steuersenkungen“. Dem „Spiegel“ sagte Merkel, die Regierung habe die gesetzliche und moralische Pflicht, „erst einmal unsere immer noch gewaltigen Schulden abzubauen“. Sollten sich danach einmal Spielräume auftun, wäre „die dringlichste Frage, wie wir den Städten und Gemeinden helfen, die jetzt so knapp dran sind“.

Dagegen sagte FDP-Fraktionschefin Birgit Homburger dem Tagesspiegel, die FDP wolle „noch in dieser Legislaturperiode durch einen strikten Sparkurs Spielräume erarbeiten, um Entlastungen für untere und mittlere Einkommensgruppen möglich zu machen“. Ähnlich äußerte sich der FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms. Die Einhaltung der Schuldengrenze sowie die Konsolidierung der Staatshaushalte sei zwischen den Koalitionspartnern unstrittig. Wenn sich aufgrund der positiven Wirtschaftslage jedoch finanzielle Spielräume ergeben sollten, gelte für die FDP der Koalitionsvertrag: „Darin sind weitere Entlastungen der kleinen und mittleren Einkommensbezieher bei der Einkommensteuer vereinbart.“

Der FDP-Haushaltsexperte Otto Fricke sagte dem Tagesspiegel, vor der Frage, ob die Kommunen mehr Geld erhalten sollten, müsse die künftige Struktur der Kommunalfinanzen geklärt werden. „Es macht wenig Sinn, jetzt mehr Geld zu versprechen, wenn man Veränderungen durchsetzen will.“

Weitere Steuersenkungen in dieser Wahlperiode sind nicht nur zwischen Union und FDP, sondern auch innerhalb der CDU umstritten. Während CDU- Wirtschaftspolitiker angesichts des starken Wirtschaftswachstums deutliche Entlastungen anstreben, lehnen Ministerpräsidenten der CDU dies nachdrücklich ab, darunter Niedersachsens Regierungschef David McAllister, Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Hamburgs Erster Bürgermeister Christoph Ahlhaus. Mehrere CDU-Politiker um den Bundestagsabgeordneten Christian von Stetten wollen hingegen auf dem CDU- Parteitag in zwei Wochen über einen Antrag abstimmen lassen,in dem sie Vorschläge zur Steuervereinfachung machen, welche die Steuerzahler um zwei Milliarden Euro entlasten würden. Der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU- Bundestagsfraktion, Leo Dautzenberg, verlangte „zumindest einen Einstieg in eine spürbare Entlastung der unteren und mittleren Einkommen“. Eine Steuerreform in Zeiten knapper Kassen sei sicherlich „kein leichtes Unterfangen“, räumte er in der „Welt“ ein. Dennoch müsse die Koalition „hier liefern, auch wenn es schwierig wird“, sagte der CDU-Politiker.

Wegen des Wirtschaftsbooms muss der Bund dieses und nächstes Jahr weniger neue Schulden machen als erwartet. „Bei anhaltend guter Konjunktur, gehe ich davon aus, dass die Nettokreditaufnahme im Jahr 2011 unter der Nettokreditaufnahme des Jahres 2010 liegen kann“, erklärte Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU) am Samstag. Dieses Jahr wird der Bund nach Angaben des Finanzministeriums rund 50 Milliarden Euro neue Schulden aufnehmen; für 2011 waren bisher 57,5 Milliarden Euro eingeplant.

Die Grünen reagierten mit Spott auf die neuerlichen Steuer-Streitigkeiten des schwarz-gelben Regierungsbündnisses: „Die Koalition leidet unter krankhaftem Wiederholungszwang. Steuersenkungen sind so unnötig wie ein Kropf“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Fritz Kuhn. „Manche rennen mehrmals gegen die gleiche Wand, weil sie vom ersten Mal so betäubt sind, dass sie es nicht mehr merken.“

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